Marina macht eine gute Figur
Im EV Augsburg tummeln sich etliche Talente. Eines ist Marina Della Rovere. Welche Ziele die bayerische Meisterin hat
Hinfallen hat Marina Della Rovere früh gelernt. Drei Jahre war sie jung, als sie zum ersten Mal mit Schlittschuhen Eis betrat. Schon ihre Mutter Sandra war Eiskunstläuferin, nun sollte die Tochter ausprobieren, ob auch ihr die eleganten Bewegungen auf Kufen Spaß machen würden. Elf Jahre sind seitdem vergangen, Marinas Urteil fällt eindeutig aus. „Ja“, sagt der Teenager mit den dunkelbraunen Haaren, dunklen Augen und langen Beinen entschieden. „Von Anfang an hat mir das gefallen.“Wäre ihre Tochter nicht mit Leidenschaft bei der Sache, wirft die Mutter ein, längst hätte sie aufgehört. Denn der Aufwand, den Marina und die gesamte Familie betreiben, ist enorm. Selbst die Großeltern werden als Fahrdienst eingespannt.
Dass Marina dem Eiskunstlaufen treu geblieben ist, begründet sich nicht nur in ihrer Freude an dieser Sportart. Als weiterer Antrieb dient Erfolg, der sich schon in jungen Jahren eingestellt hat. Marina wird als Kind zweimal bayerische Vizemeisterin, nimmt an deutschen Meisterschaften teil. Vor kurzem sicherte sich die 14-Jährige als jüngste Teilnehmerin den bayerischen Titel in der Juniorenklasse. Darauf hat sie hingearbeitet. „Trotzdem war das überraschend“, betont Marina.
Mittwochabend. Eine von unzähligen Trainingseinheiten in der Eishalle Haunstetten steht für Marina und die Leistungsläufer des EV Augsburg (EVA) an. Kinder und Jugendliche drehen Runden, drechseln Pirouetten oder katapultieren sich in die Luft. Stets beäugt von den Trainern Christa Winklmaier und Axel Teschemacher. Teils herrscht ein strenger Ton, Disziplin wird großgeschrieben.
Augsburg zählt neben Regensburg und dem Bundesleistungszentrum Oberstdorf zu den bayerischen Hochburgen im Eiskunstlauf. Teschemacher, kahles Haupt und Brille mit kreisrunden Gläsern, hat etliche Kinder kommen und gehen sehen. Mit der Entwicklung Marinas zeigt sich der Trainer zufrieden. „Wir sind auf einem sehr guten Weg“, sagt Teschemacher. Seine Schülerin beschreibt er als talentiert. Doch Begabung allein reicht nicht, meint er. Marina sei fleißig und ehrgeizig. „Sie ist jemand, der sich alles erarbeitet. Ihr fällt nichts in den Schoß.“
Unter der Woche spult die 14-Jährige ein umfangreiches Pensum ab. Sie wohnt in Kissing, besucht die neunte Klasse der MariaWard-Realschule und geht sechsmal die Woche ins Training. Zeit für andere Hobbys bleibt derzeit nicht, berichtet Sandra Della Rovere.
Drei Minuten auf dem Eis können eine lange Zeit sein. Erst recht, wenn gegen Ende des Kurzprogramms oder der Kür die Kräfte schwinden. Um Sprünge wie den Lutz, Axel oder Rittberger in die Luft zu zaubern, muss Marina beweglich bleiben. Und sie braucht Ausdauer. Athletik- und Konditionstraining, auch Ballett, sind daher feste Bestandteile im Trainingsplan.
Um das Gelernte aufs Eis zu bringen und im richtigen Moment Leistung bringen zu können, versucht sich Marina seit kurzem sogar an autogenem Training. Marinas Mutter hat dabei nicht nur den Sport im Sinn, ihre Tochter könne schließlich in allen Lebenslagen davon profitieren. Trainer Teschemacher behilft sich vor Wettkämpfen mitunter damit, seinem Schützling Rechenaufgaben zu stellen. Das lenkt ab und beruhigt.
Wie gut Marinas Auftritt ankommt, das bewerten Punktrichter. Jedes Element bekommt eine Wertung. Während in der Fußballbundesliga der Videobeweis holpert, hat er sich im Eiskunstlauf längst etabliert. Sogar bei einer bayerischen Meisterschaft von Achtjährigen helfen Punktrichtern Bewegtbilder. Auslöser war einst der Skandal bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City, als sich Franzosen und Russen Medaillen zuschoben.
Marina träumt von der ganz großen Bühne, von Welt- und Europameisterschaften, vielleicht sogar von Olympischen Spielen. Ein Vorbild ist die Amerikanerin Ashley Wagner. „Ihre Sprünge und ihre Programme finde ich toll“, schwärmt Marina. Bei Wagner hat sich die Nachwuchsläuferin Teile ihrer Kür abgeschaut, zudem erinnert ihr dunkelblaues Kleid mit den glitzernden Steinchen an ein Outfit der US-Spitzenläuferin.
Marinas Fokus liegt nun auf der deutschen Nachwuchsmeisterschaft im Januar in Chemnitz. Neben ihr haben sich vom EVA noch Jurek Kolbe als bayerischer Meister in der Jugendklasse und Michele Ehemann qualifiziert. Marinas Ziel ist ein Platz unter den ersten Zehn. Vielleicht gelingt ihr aber auch die nächste Überraschung.
Teils herrscht ein strenger Ton auf dem Eis