Schwabmünchner Allgemeine

Die Chance nicht verspielen

- HIER SCHREIBEN SIE IHRE MEINUNG Brigitte Arzberger, VON LILO MURR

Zum Umgang der Stadt Augsburg mit ih rer römischen Vergangenh­eit:

Die berichtete, in der Georgenstr­aße hätten Archäologe­n eine Therme aus der Römerzeit entdeckt: Nun greift die in Augsburg gängige Praxis: Freilegen, Dokumentie­ren, Zuschütten, Überbauen. Die Begründung lautet: Unter der Erde werden Funde am besten für die Nachwelt erhalten. Stimmt – aber ist diese Strategie nicht ein Sargnagel für eine attraktive Präsentati­on der römischen Vergangenh­eit? Augsburg ist nicht nur die Fuggerstad­t, sondern auch Römerstadt. Daran erinnert Kaiser Augustus auf dem Rathauspla­tz. Der Name der Stadt geht auf ihn zurück. Der römische Geschichts­schreiber Tacitus bezeichnet sie in seiner Germania als „splendidis­sima Raetiae provinziae colonia“, prächtigst­e Stadt der Provinz Rätien.

Eine Vielzahl an Funden, die in anderen Römerstädt­en stolz in deren Museen oder archäologi­schen Parks präsentier­t werden, schlummert unter der Erde oder in den Archiven der Stadtarchä­ologie. Das Römerlager, die museumspäd­agogisch sehr gelungene Übergangsa­usstellung des noch immer heimatlose­n Römischen Museums, kann nur einen Teil davon zeigen. Der Archäologi­sche Garten im Äußeren Pfaffengäß­chen, klein, versteckt, wenig beworben und schlecht beschilder­t, dämmert friedlich vor sich hin. Es ist zu befürchten, dass mögliche römische Funde beim Rückbau der Brechtbühn­e wieder verschwind­en. Damit würde die Stadt endgültig die Chance vergeben, ihren römischen Kern (an Ort und Stelle!) zu präsentier­en.

Augsburger Allgemeine

Augsburg Die alte Frau kommt regelmäßig auf den Westfriedh­of, um das Grab ihres verstorben­en Mannes zu besuchen. Und sie hat dabei eine Beobachtun­g gemacht: „Immer mehr Gräber werden aufgegeben“, sagt sie. Schön sehe das nicht aus, doch ein Augsburger Problem ist es nicht. Städte wie München oder Frankfurt stehen vor den selben Herausford­erungen.

Sie gehen inzwischen neue Wege. In Frankfurt werden an den Rändern der Friedhöfe Biotope angelegt. Derzeit liebäugelt die Stadt auch mit dem Bau von Spielplätz­en oder naturkundl­ichen Lehrpfaden. In München kann es gut passieren, dass der eine oder andere Jogger durch die Grabreihen flitzt oder die Mama sich mit ihrem Kind auf der Wiese niederläss­t. Die Friedhöfe werden zu Freizeitan­lagen.

Und was macht Augsburg mit seinen neun städtische­n und drei kirchliche­n Friedhöfen? „Spielplätz­e oder gar Sportanlag­en wollen wir hier nicht“, sagt Umweltrefe­rent Reiner Erben, der für die über 48 000 Grabstelle­n der Kommune zuständig ist. Bei allen Veränderun­gen müsse die Friedhofsr­uhe gewährleis­tet sein und der Trauer der Hinterblie­benen Rechnung getragen werden. Doch auch in Augsburg gibt es rund 9400 freie Grabstelle­n, die meisten auf dem Nordfriedh­of (3600). Sie sind überall ein unschöner Anblick für Besucher, die sich oft viel Mühe mit ihrer Grabbepfla­nzung geben.

Die Gründe für die massiven Veränderun­gen sind überall die gleichen: Die Zahl der Urnenbeise­tzungen steigt, Familien, die oft weit auseinande­r verstreut leben, sehen keine Möglichkei­t, sich um das Grab zu kümmern. Damit nicht noch mehr Grabstelle­n aufgegeben werden, versucht auch die Stadt Augsburg gegenzuhal­ten: Neue anonyme Urnenfelde­r, insbesonde­re auf dem Gögginger Friedhof wurden abgelehnt. Eine weitere Möglichkei­t ist die Umwandlung der Friedhöfe. So diskutiere man laut Umweltrefe­rent Erben derzeit die Anlage einer öffentlich­en Parkfläche auf dem Nordfriedh­of.

Allerdings müsse jedem eines klar sein: Je weniger Erdbestatt­ungen stattfinde­n, umso höher werde das Defizit, das die Friedhöfe den Kom- munen einbringen, denn der Aufwand für die Friedhofsp­flege bleibe gleich hoch. „Die Gebühren reichen bei Weitem nicht aus, um die Kosten zu decken“, so Erben. So wurde von 2013 bis 2016 ein Minus von über 330000 Euro angehäuft. Der Gesamtetat liegt aktuell bei 7,5 Millionen Euro pro Jahr.

Der Trend bei den Bestattung­en, sagen Fachleute, gehe zur Urnenbeise­tzung auf kleiner Fläche mit geringem Pflegeaufw­and. Viele Menschen wollen nicht einmal mehr

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Foto: Silvio Wyszengrad Aufgelasse­ne Gräber – hier auf dem Westfriedh­of – sind für viele Angehörige, die rundum Grabstätte­n besitzen, kein schöner An blick. Dennoch gibt es immer mehr freie Plätze, da der Trend zur Urnenbesta­ttung geht.

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