Die Chance nicht verspielen
Zum Umgang der Stadt Augsburg mit ih rer römischen Vergangenheit:
Die berichtete, in der Georgenstraße hätten Archäologen eine Therme aus der Römerzeit entdeckt: Nun greift die in Augsburg gängige Praxis: Freilegen, Dokumentieren, Zuschütten, Überbauen. Die Begründung lautet: Unter der Erde werden Funde am besten für die Nachwelt erhalten. Stimmt – aber ist diese Strategie nicht ein Sargnagel für eine attraktive Präsentation der römischen Vergangenheit? Augsburg ist nicht nur die Fuggerstadt, sondern auch Römerstadt. Daran erinnert Kaiser Augustus auf dem Rathausplatz. Der Name der Stadt geht auf ihn zurück. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus bezeichnet sie in seiner Germania als „splendidissima Raetiae provinziae colonia“, prächtigste Stadt der Provinz Rätien.
Eine Vielzahl an Funden, die in anderen Römerstädten stolz in deren Museen oder archäologischen Parks präsentiert werden, schlummert unter der Erde oder in den Archiven der Stadtarchäologie. Das Römerlager, die museumspädagogisch sehr gelungene Übergangsausstellung des noch immer heimatlosen Römischen Museums, kann nur einen Teil davon zeigen. Der Archäologische Garten im Äußeren Pfaffengäßchen, klein, versteckt, wenig beworben und schlecht beschildert, dämmert friedlich vor sich hin. Es ist zu befürchten, dass mögliche römische Funde beim Rückbau der Brechtbühne wieder verschwinden. Damit würde die Stadt endgültig die Chance vergeben, ihren römischen Kern (an Ort und Stelle!) zu präsentieren.
Augsburger Allgemeine
Augsburg Die alte Frau kommt regelmäßig auf den Westfriedhof, um das Grab ihres verstorbenen Mannes zu besuchen. Und sie hat dabei eine Beobachtung gemacht: „Immer mehr Gräber werden aufgegeben“, sagt sie. Schön sehe das nicht aus, doch ein Augsburger Problem ist es nicht. Städte wie München oder Frankfurt stehen vor den selben Herausforderungen.
Sie gehen inzwischen neue Wege. In Frankfurt werden an den Rändern der Friedhöfe Biotope angelegt. Derzeit liebäugelt die Stadt auch mit dem Bau von Spielplätzen oder naturkundlichen Lehrpfaden. In München kann es gut passieren, dass der eine oder andere Jogger durch die Grabreihen flitzt oder die Mama sich mit ihrem Kind auf der Wiese niederlässt. Die Friedhöfe werden zu Freizeitanlagen.
Und was macht Augsburg mit seinen neun städtischen und drei kirchlichen Friedhöfen? „Spielplätze oder gar Sportanlagen wollen wir hier nicht“, sagt Umweltreferent Reiner Erben, der für die über 48 000 Grabstellen der Kommune zuständig ist. Bei allen Veränderungen müsse die Friedhofsruhe gewährleistet sein und der Trauer der Hinterbliebenen Rechnung getragen werden. Doch auch in Augsburg gibt es rund 9400 freie Grabstellen, die meisten auf dem Nordfriedhof (3600). Sie sind überall ein unschöner Anblick für Besucher, die sich oft viel Mühe mit ihrer Grabbepflanzung geben.
Die Gründe für die massiven Veränderungen sind überall die gleichen: Die Zahl der Urnenbeisetzungen steigt, Familien, die oft weit auseinander verstreut leben, sehen keine Möglichkeit, sich um das Grab zu kümmern. Damit nicht noch mehr Grabstellen aufgegeben werden, versucht auch die Stadt Augsburg gegenzuhalten: Neue anonyme Urnenfelder, insbesondere auf dem Gögginger Friedhof wurden abgelehnt. Eine weitere Möglichkeit ist die Umwandlung der Friedhöfe. So diskutiere man laut Umweltreferent Erben derzeit die Anlage einer öffentlichen Parkfläche auf dem Nordfriedhof.
Allerdings müsse jedem eines klar sein: Je weniger Erdbestattungen stattfinden, umso höher werde das Defizit, das die Friedhöfe den Kom- munen einbringen, denn der Aufwand für die Friedhofspflege bleibe gleich hoch. „Die Gebühren reichen bei Weitem nicht aus, um die Kosten zu decken“, so Erben. So wurde von 2013 bis 2016 ein Minus von über 330000 Euro angehäuft. Der Gesamtetat liegt aktuell bei 7,5 Millionen Euro pro Jahr.
Der Trend bei den Bestattungen, sagen Fachleute, gehe zur Urnenbeisetzung auf kleiner Fläche mit geringem Pflegeaufwand. Viele Menschen wollen nicht einmal mehr