Die Zukunft der Museumslandschaft
Auf der Wunschliste: eine Fläche für Sonderausstellungen, geeignete Gebäude für das Römische Museum und ein Zentraldepot der Kunstsammlungen. Nun werden Ideen für neue Konzepte gesammelt
Augsburgs Museen sollen „fit“gemacht werden für die Zukunft. In dieser besseren, rosigeren Zukunft soll es anders aussehen als in der tristen, unscheinbaren Gegenwart, in der nicht nur ein römisches Museum und ein Zentraldepot fehlen, sondern auch Personal und eine attraktive Fläche für Sonderausstellungen. Kulturreferent Thomas Weitzel erhofft sich vom Prozess eines Museumsentwicklungskonzeptes die notwendigen Impulse.
Es geht dabei nicht nur um Neubauten und Investitionen, um Stellenplus besonders bei Fachpersonal und in der Museumspädagogik, sondern auch um Ideen, mit den vorhandenen Möglichkeiten besser zu punkten. Dass die städtischen Museen im Blick von außen immer mehr in den Schatten des tim, des überregional strahlenden staatlichen Textilmuseums geraten, will Weitzel ändern. Ebenso die kümmerliche Rolle, die Augsburg als Anziehungspunkt für attraktive Sonderausstellungen spiele. „Der Status quo in unseren Museen inklusive Personalausstattung wird der vorhandenen Qualität, die wir haben, nicht gerecht“, formuliert der Kulturreferent. Im Vergleich mit ähnlich großen Städten sieht er, was Außenwirkung und Auftritt der Museen angeht, erhebliche Defizite.
Das alles klingt ambitioniert und ehrgeizig. Aber mit dem ehemaligen Nürnberger Museumsmacher Dr. Matthias Henkel und seiner „Embassy of Culture“sowie der Würzburger Agentur „frankonzept“, die für Schweinfurt und Aschaffenburg Museumskonzepte entwickelt hat, glaubt sich Weitzel auf einem guten Weg. Henkel, der als Direktor die Besucherzahlen der städtischen Museen in Nürnberg „signifikant nach vorn entwickelt“habe, habe bereits erste Gespräche mit den Verantwortlichen der Augsburger Museen geführt. Nun soll alles durchleuchtet und evaluiert werden – auch die Besucherstruktur. Wer kommt, woher, warum?
Die wichtigsten Punkte auf der Wunschliste, die hinter dem Museumsentwicklungskonzept steht, sind:
● Neubau Römisches Museum Hier schwebt Weitzel eine „große Lösung“vor: Römisches Museum plus X. „Wir bauen nur einmal“, sagt er. Eine konzentrierte Präsentation der Augsburger Frühgeschichte möchte der Referent mit der Schaffung einer attraktiven, modernen und flexiblen Sonderausstellungsfläche kombinieren – das X in diesem Plan. Augsburg brauche eine konkurrenzfähige Ausstellungsplattform im Herzen der Stadt – mit Strahlkraft für auswärtige Besucher. Die große Schwierigkeit neben der Finanzierung des Museumsbaus ist das Schaffen der nötigen Fläche dafür. Mindestens die Turnhalle der angrenzenden Berufsfachschule 3 am Predigerberg wird für einen ausreichend großen Museumsneubau benötigt.
● Zentraldepot Jedes Museum hat zwei Seiten: die kleine Schauseite – und die große „Rückseite“, das Depot. Hier herrscht in allen Häusern chronischer Platzmangel, die Stadt muss Fremdlagerflächen anmieten (in der Altstadt und anderswo). Ein Neubau eines Zentraldepots auf der grünen Wiese, das mit integrierten Werkstätten allen Museen dient, soll hier endlich Abhilfe schaffen.
● Glaspalast Das H2 als Augsburger Museum für die zeitgenössische Kunst sieht Weitzel als „dezentrales Refugium“vor allem zur „Grundversorgung der Augsburger“– eine Leuchtturmfunktion für überregionalen Kulturtourismus könne das der Gegenwartskunst verpflichtete Haus nicht sein. Das hätte die benachbarte Staatsgalerie, eine Zweigstelle der staatlichen Pinakothek der Moderne in München, sein können. Doch der Freistaat, ernüchtert über den schwachen Publikumszuspruch, beendet seine Präsenz vorzeitig und verlässt den Glaspalast Ende 2019. Was mit den von der Stadt angemieteten Flächen dann geschieht, ist noch offen. Es gibt Ideen – aber offenbar keine konkrete Aussicht auf einen großen Wurf. ● Bürokonzentration Wenn das Leo- pold-Mozart-Zentrum aus der Maximilianstraße in die Grottenau umzieht, werden städtische Flächen frei. Weitzel schwebt vor, an dieser Stelle die Verwaltung und Büros der Kunstsammlungen zu konzentrieren. Dies könne Platz in den Ausstellungshäusern selbst schaffen (auch im neuen Römischen).
● Personal Schon die großen Ausstellungsprojekte der kommenden Jahre zeigen, dass es bei den Kunstsammlungen personell hakt. Für die Wasser- und später die Maximilianausstellung werden Zeitverträge geschlossen. Wenn sich immer wieder Wissenschaftler und Ausstellungsmacher von außen in Augsburgs reichsstädtische Zeit und die musealen Gegebenheiten vor Ort einarbeiten müssen, führt das laut Kulturreferent Weitzel zu Reibungsverlusten. Auch der museumspädagogische Bereich müsse aufgestockt werden; gerade im Hinblick auf die Bedeutung der Vermittlungsarbeit für das künftige Museumspublikum.
● Weltkulturerbe Falls Augsburg mit seiner 500-jährigen Geschichte der Wasserwirtschaft 2019 den Zuschlag als Weltkulturerbe bekommt, hat sich die Stadt dazu verpflichtet, ein Besucherzentrum zu entwickeln. Weitzel weist darauf hin, dass die Fertigstellung angegangen werden kann, wenn die Sanierung des Theaters abgeschlossen ist. In konkrete Planungen müsse aber früher eingestiegen werden.
● Halle 116 in Pfersee. Als „stadtspezifischer Ort der Erinnerung“soll im ehemaligen Militärgelände im Sheridan-Park ein „Lernort Frieden“eingerichtet werden. Die Halle war als Außenlager des KZ Dachau, wie als Standort der USArmy, bedeutsamer Ort an Schnittstellen der Stadtgeschichte im 20. Jahrhundert.
● Wechselausstellungen Ein Punkt im Museumsentwicklungskonzept betreffe die Abfolge der Wechselausstellungen, sagt Weitzel. Es müsse grundsätzlich überlegt werden, welche und wie viele Sonderausstellungen sinnvoll seien.
● Bürgerbeteiligung Für das Museumsentwicklungskonzept ist wie bei dem Theaterentwicklungskonzept eine Bürgerbeteiligung vorgesehen. Anders als beim Theater, als ein Bürgerbegehren absehbar war, soll der Umfang der Workshops geringer ausfallen. Stärker ins Gewicht fällt die Beteiligung von externen Museumsfachleuten.
Augsburgs Direktor der Kunstsammlungen, Christof Trepesch, begrüßt das gewählte Verfahren. „Im letzten Jahrzehnt haben sich die Augsburger Museen positiv entwickelt“, sagt Trepesch, die Besucherzahlen haben sich seit 2004 verdoppelt. Wichtige Akzente dafür seien der Umbau, die Sanierung und die Neukonzeption des Maximilianmuseums gewesen, auch die Eröffnung des H2-Zentrum für Gegenwartskunst im Glaspalast. Trepesch glaubt, dass ein neues römisches Museum den Kunstsammlungen einen weiteren Schub geben könne. „Wir hoffen, dass wir die Idee des römischen Museums und eines Zentraldepots gemeinsam mit den Projektleitern des Museumsentwicklungskonzepts nach außen tragen können.“
Matthias Henkel, Geschäftsführer der Embassy of Culture, möchte sich erst zu einem späteren Zeitpunkt auf der Basis einer soliden und fundierten Kenntnis öffentlich äußern.