Die knorrige Rinde ist wie ein Buch
Wie potenzielle Käufer Werthölzer, wie die 100 Jahre alte Douglasie vom Weiherhof untersuchen, ist oft ein Geheimnis / Serie (6)
Für den Laien ist sie nur die knorrige Haut eines Baums. Für den Experten ist die Rinde so etwas wie ein Buch – sie gibt Aufschluss darüber, wie es in den vergangenen Jahrzehnten für den Baum gelaufen ist. Das Buch aufschlagen und lesen können nur wenige.
Einer von ihnen ist Stefan Ehrenreich aus Welden. „Holz hat Muskeln“, sagt er. Nicht aus Fleisch und Blut. Aber Kraft zeigen müssen die Muskeln trotzdem, um dem Wind zu trotzen oder ihre Zweige aufzurichten. Letztendlich verrät die Rinde auch, was ein Stamm wert ist. Und genau darum geht’s bei der Wertholzsubmission Ende Januar in Riedheim bei Leipheim.
Bei der Veranstaltung der Forstbetriebsgemeinschaft GünzburgKrumbach und Neu-Ulm kommen die schönsten Stämme aus der Region unter den Hammer – auch die Douglasie, die vor zwei Monaten im Staatswald nahe dem Weiherhof gefällt wurde. Um sie geht es in der Serie, die den Weg des besonderen Stamms beschreibt. Als der gut 100 Jahre alte Baum aus dem Wald im November gebracht wurde, erkannte Revierförster Martin Pohl bereits: Das etwa zehn Meter lange Stück ist gerade gewachsen. Die Jahresringe sind außerdem konzentrisch. Das Qualitätsmerkmal ließ sich deutlich am gesägten Stamm erkennen.
Schwieriger war es mit der Rinde: Sie war, wie bei den meisten alten Douglasien, ziemlich stark ausgebildet, ja fast grob und knorrig. „Das liegt daran, dass sie im Ursprung auch mit Feuer konfrontiert waren“, erklärt der Leiter des Forstbetriebs Zusmarshausen der Bayerischen Staatsforsten, Hubert Droste.
Ursprünglich stammen die immergrünen Nadelbäume aus dem küstennahen Gebirge Nordamerikas. 1827 brachte sie David Douglas nach England. Von dort verbreiteten sie sich auch rasch auf dem europäischen Kontinent. Mehrere Douglasien wurden auch nahe dem Weiherhof gepflanzt. Sie wurden offenbar gepflegt und regelmäßig von überflüssigen Ästen befreit. „Geastet sollte sie auf jeden Fall sein“, sagt Spezialist Hans Hahn aus Bochum. Er zählt die wichtigen Qualitätsmerkmale einer Douglasie auf: Sie muss einen guten Durchmesser haben und gerade gewachsen sein. Die Jahresringe sollten gezirkelt und das sogenannte Herz in der Mitte haben.
Dann schlägt auch Hahns Herz höher. Sein Unternehmen gehört zu den weltweit führenden in der Produktion von hochwertigen Furnieren, Schnitt- und Edelhölzern. Kürzlich hatte Hahn die Stämme in Leipheim besichtigt. Über 1500 Festmeter Fichte, Lärche, Douglasie, Kiefer, Buche, Eiche, Esche,
Besondere Bäume unter dem Hammer
Ulme, Ahorn, Kirsche, Roteiche, Erle und andere Raritäten liegen dort bis Ende Januar – das ist ordentlich Holz vor der Hütte. Gefallen gefunden hat er allerdings nicht an den alten Douglasien, sondern an einem Ahorn und zwei Lärchen. Die mittelschwäbische Wertholzsubmission kennt er gut. Vor sechs Jahren entdeckte er dort eine besondere Lärche: Sie war bei einer Länge von 15 Metern und einem Durchmesser von 69 Zentimetern absolut fehlerfrei. Daneben zeigte sich die Farbe trotz des großen Durchmessers gleichmäßig schön. Der Stamm, den Hahn damals für knapp 7000 Euro erworben hatte, war 2013 die Attraktion am Messestand des Unternehmens auf einer Fachmesse in Köln. Hans Hahn ist in der Branche für seine Spürnase bekannt.
Auch Stefan Ehrenreich aus Welden hatte einen guten Riecher: Im vergangenen Jahr kaufte er bei der Submission eine fast 13 Meter lange Eiche für rund 10000 Euro. Sie stand etwa 300 Jahre im Wald nahe der Bäldleschwaige bei Tapfheim. Jetzt gibt sie dem Gartenhaus einer alten Villa in Hamburg-Blankenese einen unverwechselbaren Charakter: Die Eiche wurde zum großflächigen Fußbodenbelag.