Unsittlich berührt in der Bankfiliale
Eine 22-Jährige will nur eine Überweisung ausfüllen, da betatscht sie ein Mann am Po. Jetzt wurde er verurteilt
Eigentlich wollte sie an jenem Sommerabend nur noch schnell einen Überweisungsträger ausfüllen. Doch dann wurde es für die 22-Jährige in der Bankfiliale richtig unangenehm: Ein Mann betrat den Vorraum, kam immer näher, schaute ihr über die Schulter, berührte sie schließlich am Po. „Ich habe ganz schnell meine Sachen gepackt und bin rausgelaufen“, erzählt die junge Frau. Der Mann rief ihr noch nach: „Bleib doch hier! Bleib doch hier!“
Für die 22-Jährige eine unschöne Situation, zumal sie damals auch noch hochschwanger war. „Es war zwar kein Packen oder Grapschen, aber es hat sich bewusst und absichtlich angefühlt“, sagt sie als Zeugin vor Gericht. Dort musste sich gestern der 47-jährige Täter wegen sexueller Belästigung verantworten.
Die Polizei konnte den Mann nach dem Vorfall im August schnell ausfindig machen, denn nach dem Zeugenaufruf bekam sie viele Hin- weise. Außerdem gab es im Vorraum der Kreissparkassen-Filiale im westlichen Landkreis eine Überwachungskamera, die zwar nicht die Tat, aber die beteiligten Personen aufzeichnete.
In der Verhandlung vor dem Augsburger Amtsgericht wird deutlich, dass der Angeklagte wohl für viele Menschen eine unangenehme Person ist. Er hat kognitive Einschränkungen, ist mit dem Alltag überfordert, steht unter gesetzlicher Betreuung. Das alles merkt man ihm nicht gleich an. Der Betreuer, Rechtsanwalt Thomas Dehner, schildert aber noch mehr: Der 47-Jährige sei oft ungepflegt, rieche streng, spreche jeden an, sei penetrant und nervig. Und er kenne keine sozialen Grenzen, komme Menschen oft unangenehm nah.
Dehner gibt zu: „Wenn ich ihm in der Bank begegnen würde, hätte selbst ich als Mann Bedenken.“Er und Pflichtverteidiger Michael Bauer sehen in dem Verhalten des 47-Jährigen allerdings keinen sexuellen Antrieb. „Es ist nachvollziehbar, dass das alles der Dame unangenehm war“, sagt Bauer. „Aber er hatte keine bösen Absichten. Er versucht nur, mit jedem ins Gespräch zu kommen, ist sich der Tragweite seiner Taten nicht bewusst.“
Während die Rechtsanwälte mit dem Richter über ihren Mandanten und intime Details sprechen, sitzt dieser wie unbeteiligt dazwischen. Das ändert sich auch während des Plädoyers und der Urteilsverkündung nicht. Staatsanwaltschaft und Gericht sehen – anders als die Anwälte – sehr wohl eine sexuelle Motivation.
Und so verurteilt Richter Thomas Müller-Froelich den Mann schließlich zu einer Geldstrafe von 900 Euro (60 Tagessätze à 15 Euro). Er geht von einer verminderten Schuldfähigkeit aus, allerdings hat der Mann schon zwei einschlägige Vorstrafen. Für den Richter ist die Sache klar: „Er hat die Zeugin eindeutig in einem Bereich berührt, der für einen fremden Mann tabu ist.“