Urwahl könnte zulässig sein
Staatsrechtlerin: Nicht mit Gesetz vereinbar
Nach der Rückzugsankündigung von Parteichef Martin Schulz debattiert die SPD darüber, den neuen Vorsitzenden per Urwahl zu küren. Allerdings stünde ein solches Vorgehen auf rechtlich wackliger Grundlage.
Was sehen die SPD-Statuten vor?
Die Satzung der SPD ermöglicht zwar, dass der Kanzlerkandidat durch einen Mitgliederentscheid gewählt werden kann. Allerdings heißt es in Paragraf 23 des SPD-Organisationsstatuts klar, dass die Wahl des Vorstands – also unter anderem des Parteichefs, dessen Stellvertretern und des Generalsekretärs – durch einen Parteitag erfolgt.
Was sagt das Parteiengesetz?
Im Gesetzestext steht ausdrücklich, dass ein Parteitag „den Vorsitzenden des Gebietsverbandes, seine Stellvertreter und die übrigen Mitglieder des Vorstandes (...)“wählt. Die Parteitage müssen dabei mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr zusammentreten. „Eine Urwahl des SPDVorsitzenden wäre nicht mit dem Parteiengesetz vereinbar“, sagt daher die Staatsrechtlerin Sophie Schönberger, Expertin für Parteienrecht an der Universität Konstanz.
Hat die SPD-Basis schon einmal einen Vorsitzenden gekürt?
Im Ringen um den Parteivorsitz setzte sich 1993 der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Rudolf Scharping gegen den niedersächsischen Regierungschef Gerhard Schröder und Heidemarie Wieczorek-Zeul per Mitgliederentscheid durch. Das Votum war allerdings nicht bindend und musste anschließend von einem Parteitag bestätigt werden. Auch diese Variante hält Schönberger für „überaus zweifelhaft“. Der Parteitag habe kaum eine andere Möglichkeit gehabt, als dem Votum der Basis zu folgen. Damals sei das Vorgehen nicht vor Gericht angefochten worden.