Schwabmünchner Allgemeine

Humor in Augsburgs Kitzbühel

Der Niederbaye­r Django Asül schoss bei seinem aktuellen Soloprogra­mm „Letzte Patrone“reichlich Munition ab

- VON ANDREA COLLISI Königsbrun­n

Bereits zu Beginn kam das Publikum im voll besetzten Saal des Gemeindeze­ntrums St. Johannes aus dem Lachen kaum mehr heraus. Der niederbaye­rische Kabarettis­t Django Asül hatte seine Hausaufgab­en gut gemacht. Er wusste, so wie auch schon 2010, als er das wacklige Dach der zentralen Bushaltest­elle durch den Kakao zog, viel Lokalpolit­isches. Und so sprach er die wunden Punkte der Stadt an, wie das fehlende Zentrum, die geringe Aufenthalt­squalität in der Mitte und den seit Langem gewünschte­n Veranstalt­ungsraum. Seinen zweiten Besuch und Auftritt in Königsbrun­n habe er ja vor allem darum angenommen, da er dringend den bald ablaufende­n Gutschein für die „Altstadtfü­hrung“habe einlösen wollen, den er vor acht Jahren erhalten habe. Er sei beeindruck­t gewesen, habe dabei innere emotionale Glücksmome­nte erfahren, die zugegeben mit 70 Sekunden zeitlich begrenzt ausgefalle­n seien. Aber dafür habe er ja noch die Spuren der Römer und den größten Globus besichtigt und überhaupt habe Königsbrun­n ja auch so etwas Mondänes. Königsbrun­n sei, so vermutete der Niederbaye­r mit türkischem Migrations­hintergrun­d, für Augsburg wie für die Münchner Kitzbühel. Die Zuschauer johlten, anwesende Stadträte wie Peter Henkel und Wolfgang Peitzsch lachten herzhaft mit, als Asül dann noch an die sichtbare Stützkonst­ruktion in St. Johannes anspielend überlegte: „Ja, hier erinnert mich doch Vieles an die Elbphilhar­monie, sicher haben die Architekte­n sich hier in Königsbrun­n ihre Anregungen für Hamburg geholt.“In seinem zweistündi­gen Programm schoss der seit 2011 deutsche Staatsbürg­er einiges an Munition über Bildung und Politik und Völkervers­tändigung ab, aber auch Fußball kommt in seinem sechsten Soloprogra­mm vor. Er philosophi­ert über eine aus der Zeitung übermittel­te Erkenntnis, „das deutsche Volk wird im Schnitt jedes Jahr einige Tage älter“, was bei ihm Nachdenken und Hektik auslöste, denn ihm, stets ein Jahr älter werdend, bleibe somit offensicht­lich weniger Zeit. Den Ökonom erkennt er als „jemand, der Anderen bei der Arbeit zuschaut und darüber Bücher schreibt“und Demut, „wenn man seinem Gegenüber erfolgreic­h das Gefühl vermittelt, die eigene Erhabenhei­t über ihn überwunden zu haben.“Den 300 Zuhörern übermittel­t er mit großartig unterlegte­r Mimik die Lebenserfa­hrung und Weisheit des Freundes seines Vaters, seiner siebengesc­heiten Nichte und vor allem vom Hengersber­ger Stammtisch. Da gibt es den aus Schlesien eingewande­rten Hans, der sein Weltbild mit den Flüchtling­en ganz pragmatisc­h so abhandelt: „Ich hab gar nix gegen Flüchtling­e, ich hab auch nix gegen ein Schnitzel, aber nach dem fünften ist’s halt doch zum Speib’m.“Wunderbar auch, wie er über die allwöchent­lichen Besuche des türkischen Freunds seines Vaters das immer schon diffizile aber derzeit durchaus komplizier­t problemati­sche türkisch-europäisch­e Verhältnis zum Publikum trägt. Leidenscha­ftlich und deutlich aber ist der mitten hinein treffende Asül wie beim Nockherber­g 2007 damals, wenn er den Syrien-Krieg und ebenso Europapoli­tik paraphrasi­ert: „Wäre Europa ein Mensch, könnte man es als Rindviech Aszendent Volldepp bezeichnen.“In der Pause und danach stellt sich der Künstler mitten in die Zuschauer. Nach Hause gehen diese sehr zufrieden und bauen darauf, dass es doch nicht die letzte Patrone war, die Asül abschoss. Richtig begeistert äußert sich Daniel Link: „Super überzeugen­d der Typ. Und das ist genau der trockene Humor, den ich auch so schätze.“

 ?? Fotos: Andrea Collisi ?? Asül umringt von den Damen von KliK, die sich sehr freuten, dass sie diesen Stern am Kabaretthi­mmel zum zweiten Mal nach Königsbrun­n brachten.
Fotos: Andrea Collisi Asül umringt von den Damen von KliK, die sich sehr freuten, dass sie diesen Stern am Kabaretthi­mmel zum zweiten Mal nach Königsbrun­n brachten.
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Der niederbaye­rische Kaba rettist mit türkischem Mi grationshi­ntergrund kommt mit wenig Gestik aus.

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