Wie eine Bombe Berlin lahmlegte
Stillstand in der Hauptstadt: So verlief die gigantische Evakuierungsaktion
10 000 in Sicherheit gebrachte Menschen, ein leerer Hauptbahnhof, Stillstand auch im Nahverkehr, geschlossene Schulen und Behördengebäude: Die Entschärfung einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg hat Teile der Berliner Innenstadt stundenlang lahmgelegt. Am frühen Freitagnachmittag gelang es Sprengmeistern des Landeskriminalamts, den Zünder der vor wenigen Tagen entdeckten Bombe zu entfernen und unschädlich zu machen. „Entschärft“, twitterte die Polizei.
Vorausgegangen war eine der größten Evakuierungsaktionen der vergangenen Jahre. Die Polizei bildete einen Sperrkreis mit einem Radius von 800 Metern um den Fundort, alle Bewohner dieses Gebietes mussten ihre Wohnungen zeitweise verlassen. Aus einem Mietshaus barg die Feuerwehr mit einer Drehleiter einen Bettlägerigen durch ein Fenster. Betroffen waren Unternehmen, das Sozialgericht, das Bundeswirtschaftsministerium, der Bundesnachrichtendienst und ein Teil des Verkehrsministeriums. Charité und Bundeswehrkrankenhaus mussten ebenfalls teilweise geräumt werden.
Der Berliner Hauptbahnhof, ein Verkehrsknoten, der normalerweise von bis zu 300 000 Menschen täglich frequentiert wird, glich einer Geisterstadt. Bereits ab 10 Uhr wurde er nicht mehr von Fernzügen angefahren. „Eine vergleichbare Situation in diesem Ausmaß hatten wir noch nicht“, sagte Friedemann Keßler, Leiter des Regionalbereichs Ost bei der Deutschen Bahn. Und Bahnsprecher Achim Stauß scherzte: „Der Hauptbahnhof ist schon zwölf Jahre alt, den können wir auch mal für ein paar Stunden alleine lassen.“
Die britische 500-Kilo-Bombe, 1,20 Meter lang und rund 50 Zentimeter im Durchmesser, war bei Bauarbeiten gefunden worden. Berlin war im Zweiten Weltkrieg öfter Ziel von Luftangriffen. Bei etwa 380 Bombenangriffen bis 1945 warfen Amerikaner, Briten und Russen Historikern zufolge mehr als 45 000 Tonnen Sprengstoff ab.
Die Entschärfung der Bombe nahm ein fünfköpfiges Team um Polizeioberkommissar Engin Laumer vor. „Alles lief völlig problemlos ab“, schilderte er. Die Sprengmeister seien ein gut eingespieltes Team. Und trotzdem sagt Laumer: „Ich lebe jeden Tag, als wäre es mein letzter.“
Der Bahnhof glich einer Geisterstadt