Die Bühne wird zum Dorfplatz
Mauro Bigonzettis „Cantata“spiegelt den Geist Süditaliens. Sie ist Teil von „Dimensions of Dance, Part I“, mit dem das Ballett Augsburg am Samstag eine Reihe startet
Es ist ein Klassiker, und jeder Tänzer, so weiß es Ballettdirektor Ricardo Fernando, will unbedingt einmal „Cantata“von Mauro Bigonzetti tanzen. „Damit habe ich meine Tänzer geködert“, fügt Fernando nicht ganz ernst gemeint an. Doch nun ist es soweit: Am Samstag wird das ungewöhnliche Tanzstück im Martinipark zu erleben sein.
2001 in Lissabon uraufgeführt ist die Choreografie weltweit in die Ballettcompagnien angetreten. Die Bühne wird darin zum Dorfplatz auf dem sich die Menschen treffen. Sie lachen, reden, streiten, raufen und herzen sich zum dynamischen Rhythmus traditioneller italienischer Volkslieder. „Es geht um das Bodenständige, um den Einklang mit der Natur und die Beziehungen der Menschen untereinander“, sagt der italienische Choreograf, der zur Premiere nach Augsburg gekommen ist. Inspiriert wurde der in Rom Geborene durch die Atmosphäre des Südens seines Heimatlandes – die Sonne, das Meer und den Volkstanz.
An die 1000 Übernahmen seien es mittlerweile wohl, schätzt Bigonzetti. „Und jedes mal ist es anders, weil in diesem Stück die Persönlichkeit der einzelnen Tänzer eine große Rolle spielt“, stellt der Italiener dar. Faszinierend sei es für ihn deshalb gerade in international besetzten Compagnien wie der Augsburger zu sehen, wie die durch den eigenen kulturellen Hintergrund geprägten Tänzer sich in diese Choreografie einbringen. „Sie sind verschieden, aber im Ballett tanzen sie in dieselbe Richtung.“Warum die Tänzer so heiß auf das Stück sind? „Man kann es mit dem Herzen tanzen – und es gibt Freiheit.“
„Cantata“ist im Rahmen des neuen Ballettabends „Dimensions of Dance, Part I“zu sehen. Wie der Titel schon andeutet, wird damit eine Reihe gestartet. In jeder Spielzeit wird es in Zukunft eine Produktion geben, die mehrere Choreografien präsentiert. „Damit wollen wir Kontinuität schaffen“, sagt Ballettchef Ricardo Fernando. Der offene Titel gebe die Freiheit, die große Bandbreite des Balletts zu präsentieren. „Wir wollen an einem Abend unterschiedliche Welten des Tanzes zeigen“, verspricht er. Immer nach einem roten Faden für verschiedene Stücke zu suchen, um sie unter einem Titel zusammenzufassen, sei eine große Einschränkung.
Zur Premiere am Samstag steuert Fernado seine Choreografie „Six Breaths“bei, die er vor vier Jahren für das Theater in Hagen kreierte. Das was Grundlage unseres Lebens ist, weitgehend aber unbewusst geschieht, das Atmen, ist darin das Thema. Zur minimalistischen Musik des italienischen Komponisten Ezio für sechs Celli und ein Klavier Bosso zeigt der Augsburger Ballettchef sechs sehr unterschiedliche Reflexionen über das Atmen.
Auch eine Uraufführung wird es bei „Dimensions of Dance, Part I“geben. Sie stammt von einer „alten Bekannten“: der südkoreanischen Choreografin Young Soon Hue. Auf der Freilichbühne war ihre „Carmina Burana“zu sehen, vor allem aber ist sie den Augsburger Ballettfans ein Begriff durch ihre Choreografie zu „Romeo und Julia“, die meist besuchte Ballettproduktion der letzen Jahre. In „Reminiscence“widmet sich Hue dem Komponisten Frederick Chopin. In den Fokus nimmt sie die Jahre, als er in Paris lebte und mit der Schriftstellerin Georges Sande zusammen war. Zu hören gibt es natürlich Chopin – in einer Einspielung mit Lang Lang, vor allem aber in einer ungewöhnlichen Bearbeitung des isländischen Pop-Musikers Ólafur Arnalds.
Ein nicht ganz unberechtigter Hinweis zum Schluss: Es gibt noch Karten für diesen Ballettabend.