Prozess um Raubmord: Noch sind viele Fragen offen
Zwei Männer aus Königsbrunn sollen einen Rentner getötet haben. Einer sagt aus – doch ist es die Wahrheit?
Sie waren als Team unterwegs. Anton S. und Firat T., 36, zwei Familienväter aus Königsbrunn, klingelten unter einem Vorwand an Haustüren. Sie gaben sich zum Beispiel als Stadtwerke-Mitarbeiter aus. Dann teilten sie sich die Arbeit auf. Einer lenkte den Bewohner ab, der andere suchte in der Wohnung nach Beute – vor allem Schmuck, Uhren, Geld. Doch nach einem ihrer Streifzüge, im April vorigen Jahres, starb ein 88-jähriger Rentner. Er wurde tödlich verletzt. Seit Anfang Mai läuft vor dem Bayreuther Landgericht deshalb ein Mordprozess gegen die einstigen Komplizen. Und jeder verfolgt seine eigene Taktik. Anton S. hat zu Prozessbeginn umfassend ausgesagt. Firat T. schweigt.
Die Verhandlung gegen die beiden Männer ist ein Indizienprozess. Nach drei Prozesstagen zeichnet sich noch immer kein klares Bild davon ab, was am Nachmittag des 12. April 2017 in einem gepflegten Wohnviertel von Bayreuth passiert ist. Polizisten hatten den schwer verletzten Rentner einige Stunden nach der Tat in seinem Haus gefunden. Ein anonymer Anrufer hatte von einem Münztelefon im 140 Kilometer entfernten Bahnhof von Crailsheim einen Notruf abgesetzt. Der Rentner kam in eine Klinik, wo er zwei Tage später an starken inneren Blutungen starb. DNA-Spuren am Tatort brachten die Ermittler auf die Spur der Männer aus Kö- nigsbrunn. Die Staatsanwaltschaft wirft in der Anklageschrift beiden vor, sich eines Raubmordes schuldig gemacht zu haben.
Wie sich der Rentner die tödlichen Verletzungen genau zuzog, konnte auch ein Rechtsmediziner nicht abschließend erklären. Fest steht, dass er gestürzt ist. Auffällig sind laut Gutachten vor allem zwei Prellmarken am Kopf. Sie stammen mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Schlag. Mit Sicherheit sagen kann man das aber nicht. Anton S. sagt, er sei nicht dabei gewesen, als der 88-Jährige verletzt worden ist. Er habe vor dem Haus auf Firat T. gewartet. Und er sei noch mal zurück, als dieser nicht kam. Der Rentner im Haus sei auf dem Boden gelegen, scheinbar bewusstlos. Firat T. habe von einem „Unfall“gesprochen. Danach seien sie weggefahren. Den Notruf, sagt Anton S., habe dann später er gewählt.
Was ist dran an seiner Aussage? Dieser Frage gehen die Richter nun in dem Prozess nach. Es gibt einige Fragezeichen. So sagt Anton S., sein Komplize Firat T. habe sich bei dem Rentner als neuer Nachbar vorgestellt, er habe dafür Kuchen und Wein mitgebracht. Doch in den Ermittlungsakten der Polizei ist keine Rede davon, dass in dem Haus ein Kuchen gefunden worden ist. Auch keine benutzten Kuchenteller oder Weingläser. Nachbarn berichteten in dem Prozess, der Rentner habe eher zurückgezogen gelebt und sei sehr vorsichtig gewesen. Hätte er wirklich einen Fremden einfach in sein Haus gelassen? Oder schlugen die Angeklagten ihr Opfer zuerst nieder und durchsuchten dann das Haus? Auch Letzteres ist eine Variante, welche die Staatsanwaltschaft für möglich hält.
Nach derzeitigem Stand soll der Prozess bis Ende Juni dauern. Dann könnte ein Urteil fallen. Firat T. werde sich bis auf Weiteres nicht zu den Vorwürfen der Anklage äußern, sagte sein Verteidiger Florian Engert auf Anfrage unserer Redaktion. Für beide Männer ist es nicht der erste Prozess, in dem sie angeklagt sind. Sie sind jeweils mehrfach vorbestraft. Anton S. unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Diebstahls und Betrugs. Firat T. unter anderem wegen Raubes und Drogenhandels.