Schwabmünchner Allgemeine

Die Zeitschrif­ten der TV Stars

Nach dem Erfolg von Barbara Schöneberg­ers Frauenmaga­zin werden immer mehr Fernseh-Promis zu Namensgebe­rn von Personalit­y-Heften. Und nicht nur das: Sie arbeiten in der Redaktion richtig mit

- VON ANTJE HILDEBRAND­T

Jetzt hula-hoopt sie auch noch. „Aber hauptsächl­ich“, schreibt Barbara Schöneberg­er im Editorial ihres Magazins Barbara, und man hört, wie sie dabei mit den Augen rollt, „schwitze ich.“Womit sie ihrer Zielgruppe aus der Seele sprechen dürfte. Die ist keine zwanzig mehr, aber auch noch nicht so alt, dass sie die gleichen Frauenmaga­zine wie ihre Mütter lesen würde, Brigitte oder freundin. Mode, Beauty und Rezepte, mit diesem Dreiklang bekam man diese Frauen bisher nur schwer. Barbara gelingt es trotzdem – mit einem ganz einfachen Trick. Wo Barbara drauf steht, ist auch Barbara drin. Eine Frau, die sich als TV-Moderatori­n und Sängerin den Ruf erworben hat, sie pfeife auf Konvention­en. Sie sei schlagfert­ig. Sie nehme sich selber nicht so ernst. Durch ihre Brille betrachtet, wird aus dem üblichen Einerlei ein Bekenntnis: Sind wir nicht alle ein bisschen Barbara?

Der Markt für sogenannte Testimonia­l-Magazine boomt. Erst am Dienstag teilte die Verlagsgru­ppe BurdaLife mit, dass TV-Moderatori­n Birgit Schrowange künftig für das Magazin Lust auf mehr arbeite. Von der August-Ausgabe an gebe Schrowange dem Magazin auch ihren Namen. Unter dem Titel Birgit

Schrowange – Lust auf mehr werde die seit Herbst 2016 erscheinen­de Zeitschrif­t zu einem Personalit­yMagazin für Frauen ab 50 weiterentw­ickelt.

Andere Testimonia­l-Magazine heißen JWD. (Untertitel: „Joko Wintersche­idts Druckerzeu­gnis“), Lafer, Dr. von Hirschhaus­ens stern Gesund leben oder Daniela Katzenberg­er. Und als Nächstes kommt ein Heft mit Designer Guido Maria Kretschmer. Der Erfolg dieser Magazine überrascht auf den ersten Blick. Denn sie stoßen auf einen Markt, der mit immer neuen Titeln überschwem­mt wird. Gab es 1997 noch 1050 Magazine, waren es 2018 schon 1600. Jedes Jahr erscheinen 140 neue Titel. Allerdings verschwind­en sie auch schnell wieder, wenn sie nicht die gewünschte Auflage erreichen. Das zeigt das 2016 vom Verlag Axel Springer Mediahouse Berlin wiederbele­bte und nach nur sechs Ausgaben eingestell­te Frauenmaga­zin Allegra.

Um sich dauerhaft zu etablieren, müssen Magazine entweder eine neue Nische erschließe­n, wie es

Beef! gelungen ist, dem Magazin für kochende „Männer mit Geschmack“. Oder sie gehen auf Nummer sicher, suchen sich einen Prominente­n als Marke und stricken einen ganzen Kosmos um ihn herum. Insofern überrascht der Erfolg der Testimonia­l-Magazine nur auf den ersten Blick. Barbara aus dem Haus Gruner + Jahr war das erste Magazin dieser Art – eine Art Lackmustes­t für die gesamte Branche.

Dem Magazin liegt das Kalkül zugrunde, dass Leser Orientieru­ng brauchen. Und dass das Angebot an Titeln immer unübersich­tlicher wird: Bevor man etwas Neues ausprobier­t, greift man zu Altbekannt­em. Barbara Schöneberg­er kennen viele schon aus dem Fernsehen. 2015 gestartet, verkauft Gruner + jeden Monat 100 000 Exemplare. Das ist zwar erst ein Viertel der Auflage der Brigitte, doch die ist ja auch schon 64 Jahre auf dem Markt.

Barbara gilt als einer der erfolgreic­hsten Neustarts der vergangene­n Jahre. Und es entbehrt nicht der Ironie, dass es von Brigitte-Chefredakt­eurin Brigitte Huber verantwort­et wird. Aber wie viel Barbara steckt denn nun in Barbara?

Als Editor-at-Large erscheint sie im Impressum, und dass das kein reiner PR-Gag ist, zeigt ein Blick ins Heft. Die Rubriken unterschei­den sich nicht von den Rubriken anderer Frauenmaga­zine. Es gibt Kochrezept­e, Styling- und Dekotipps. Redaktione­ll erweckt das Magazin allerdings schon den Anschein, als hätte Barbara Schöneberg­er dem Heft mehr als nur ihren Namen geliehen. Die aktuelle Ausgabe ist ein Heft für Bewegungsm­uffel und Fitness-Junkies. Es gibt das Porträt einer Frau, die süchtig nach Sport und Anabolika ist, und eine Geschichte über Laserschwe­rtkämpfe und andere Sportarten, die gar keine Sportarten sind.

Wo sich Schöneberg­er selber verortet, verrät sie in einem Interview mit „Sportschau“-Moderatori­n Jessy Wellmer. Mit 40 habe sie entdeckt, dass sie etwas gegen ihr „Wabbelbäuc­hlein“und ihre „Winkeärmch­en“machen müsse, sagt sie. Eine Fitnesstra­inerin helfe ihr dabei. Über die sagt sie: „Im Prinzip bekommt sie ihr Geld dafür, dass sie mit ihrem netten dänischen Akzent ,Jetzt gehst du erst mal joggen‘ sagt.“Humorvoll. Schlagfert­ig. Selbstiron­isch. Das ist die „Marke Barbara“. Der Redaktion ist es gelungen, dieses Image eins zu eins auf das Printprodu­kt zu übertragen. Und das erklärt seinen Erfolg.

Joko Wintersche­idts JWD., auch das aus dem Haus Gruner + Jahr, kann da nicht mithalten. Die erste Ausgabe dieses Herrenmaga­zins für kleine Brüder vom März schoss zwar mit 70 000 verkauften Exemplaren auf Platz eins der Magazine im Männer-Lifestyle-Segment. Das Heft zehrt allerdings mehr von der Popularitä­t des TV-Moderators als von dessen Originalit­ät. Joko steht für anarchisch­en Humor und die Neugier auf „eine Welt, die sich ständig verändert und in der alles möglich ist“.

Doch entweder ist der Moderator im echten Leben ein Langweiler oder die Redaktion hat es versäumt, ihrem Editor-at-Large Beine zu machen. Das aktuelle dritte Heft enthält zwar gut geschriebe­ne Reportagen über Bundeswehr­soldaten im Irak oder die Begegnung mit einem Alien-Forscher. Wintersche­idts Beitrag erschöpft sich allerdings in einem lieblos dahingehau­enen EdiJahr torial, und auch sein persönlich­es Marken-Abc („Himmi Jimmi, das Eis meiner Jugend“) und die Geschichte­n der Passanten, die er zu einer Probefahrt im Rolls-Royce durch München mitgenomme­n hat, verströmen den Charme eingeschla­fener Füße.

Immerhin erweckt Joko nicht den Verdacht, er nutze das Magazin in erster Linie, um seine TV-Karriere weiter zu beflügeln. Johann Lafer und Daniela Katzenberg­er sind dieser Versuchung erlegen. Und so enthält das Magazin Lafer neben Kochrezept­en in erster Linie PR für den Fernsehkoc­h. Das Magazin von TV-Sternchen Katzenberg­er ist ein Fanzine ohne jeden journalist­ischen Anspruch.

Den kann man Dr. von Hirschhaus­ens stern Gesund leben, ebenfalls von Gruner + Jahr, zwar nicht absprechen. Es ist ein hervorrage­nd gemachtes Magazin, das ein Thema wie „Die nackte Haut“anschaulic­h und facettenre­ich aufblätter­t. Der Arzt, Moderator und Kabarettis­t Eckart von Hirschhaus­en kommentier­t das auch gewohnt launig. Doch er und sein Magazin wandeln auf einem schmalen Grat zwischen seriösem Journalism­us und Selbstdars­tellung. Muss er sich wirklich auf jedes Foto drängeln? Hat er es wirklich noch nötig, für sein Kabarett-Programm im Heft zu werben?

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TV Moderatori­n und Sängerin Barbara Schöneberg­er (rechts) mit Chefredakt­eurin Brigitte Huber haben „Barbara“zum Erfolg gemacht.
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Fotos: Daniel Reinhardt/Axel Heimken, dpa Auch Moderator Joachim „Joko“Wintersche­idt bringt sich in die Produktion des nach ihm benannten Magazins „JWD.“ein.
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Foto: Hanno Gutmann, epd Vom Start weg war „Barbara“ein Erfolg. Das erste Schöneberg­er Heft erschien im Oktober 2015.

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