„Wir können nicht ewig auf und ab fahren“
Italien und Malta sperren ihre Häfen für das Rettungsschiff „Lifeline“mit 234 Flüchtlingen an Bord
Valletta/Landsberg Nach der „Aquarius“dümpelt wieder ein Flüchtlingsschiff im Mittelmeer, dem Italien und Malta die Anlandung verweigern. Es handelt sich um ein Schiff der Dresdner Hilfsorganisation Mission Lifeline. Kapitän ist Claus-Peter Reisch aus Landsberg am Lech. „Die Stimmung in der Crew ist gut und den Flüchtlingen geht es soweit auch gut. Aber wir können nicht ewig vor Malta auf und ab fahren“, sagt er in einem Telefongespräch mit unserer Zeitung.
Mit 18 Mann Besatzung und 234 vor Libyen geretteten Bootsflüchtlingen an Bord wartet Reisch 25 Seemeilen südwestlich des Inselstaates auf die Erlaubnis, einen Hafen ansteuern zu dürfen. In der Tages-
schau war Reisch am Samstagabend mit einer kurzen Videobotschaft zu erleben: Er erinnerte daran, dass die Rettung von Menschen aus Seenot eine Pflicht sei. Die Personen wieder nach Libyen zu bringen, verstoße gegen die Genfer Flüchtlingskonvention. „Ich bin zur Rettung verpflichtet und muss sie in einen sicheren Hafen bringen“, so der Skipper. Libyen mit seinen Lagern sei dies nicht.
Der italienische Innenminister Matteo Salvini bezeichnete die Hilfsorganisationen laut dpa-Bericht als „Vize-Schlepper“, die Geld mit Migranten machen wollten. Migranten nannte er unlängst „Menschenfleisch“. Für Reisch sind die Vorwürfe, quasi als Schlepper zu fungieren, absurd. „Wir alle sind hier ehrenamtlich.“Er habe einige tausend Euro in die Hilfsarbeit gesteckt, erzählt der Skipper, der auch schon für die Regensburger Organisation Sea-Eye als Seenotretter unterwegs war.
Unklarheit gibt es hinsichtlich der Beflaggung: Die „Lifeline“läuft unter niederländischer Flagge, ist aber nicht im nationalen Schiffsregister eingetragen. Sie hat eine Registrierung des niederländischen Wassersportverbands. Und damit die Berechtigung, die Flagge zu führen, wie Axel Steier von Mission Lifeline in Dresden erläutert. „Ein Boot bis 500 Tonnen kann als Sportboot angemeldet werden.“Steier sieht sich durch ein Rechtsgutachten der Uni Leinen bestätigt, es gibt aber auch andere Rechtsmeinungen.
Wenn es den Hilfsorganisationen unmöglich gemacht werde, im Mit- telmeer zu agieren, so Reisch, bleibe das Problem der Flüchtlinge in Seenot ungelöst. Die freiwilligen Helfer seien mit ihren Booten, der Ausrüstung und der Crew am besten dafür ausgebildet, Menschen von Schlauchbooten zu retten, sagt er. Handelsschiffe mit ihren meterhohen Schiffwänden seien dagegen kaum zu erklimmen.
Derzeit ist die Situation ruhig. Es gibt genügend Lebensmittel und eine Wasseraufbereitungsanlage. „Wir haben auch Glück mit dem Wetter, die See ist sehr ruhig.“Doch Reisch fürchtet um die Gesundheit der ausgezehrten Flüchtlinge, wenn es stürmisch wird und die Menschen seekrank werden. „Wir haben hier vier Kleinkinder, davon zwei Säuglinge und 70 unbegleitete Minderjährige.“
Angekündigt haben sich am Sonntagabend drei Bundestagsabgeordnete der Grünen und der Linken, sowie zwei Euroabgeordnete. „Es muss eine Lösung geben“, sagt Reisch. Steier setzt darauf, dass sich doch noch ein Land bereit erklärt, die Flüchtlinge als humanitäres Kontingent aufzunehmen.