Bub verkauft: Jugendamt blieb tatenlos
Mitarbeiter sagt vor Gericht aus
Im Fall des jahrelangen Missbrauchs eines heute neunjährigen Buben in Staufen bei Freiburg hat eine Lehrerin im Juni 2017 zwar entsprechende Hinweise an das Jugendamt gegeben. Aber das griff nicht ein. Er habe Warnungen der Lehrerin des heute Neunjährigen und des Schulleiters als „vage Hinweise“eingestuft, sagte der zuständige Sachbearbeiter gestern vor dem Landgericht Freiburg. Er habe weder Polizei oder Gerichte informiert noch Gespräche mit dem Jungen geführt und auch keine Kontrollen veranlasst. „Es war jenseits der Vorstellung, dass die Mutter so etwas tut“, sagte der Mitarbeiter. „Wenn man sich die Ungeheuerlichkeiten anschaut, tut es mir leid für den Jungen. Ich hätte mir gewünscht, wir hätten ihn besser schützen können.“
Der in Staufen lebende Junge war den Ermittlungen zufolge mehr als zwei Jahre lang von seiner Mutter, 48, ihrem wegen schweren Kindesmissbrauchs vorbestraften Lebensgefährten, 39, sowie von Männern aus dem In- und Ausland vergewaltigt und für sexuelle Übergriffe im sogenannten Darknet, einem abgeschotteten Bereich des Internets, angeboten worden. Die Taten ereigneten sich von Februar 2015 bis September 2017.
Das Jugendamt schritt damals nicht ein – auch nicht, als der Rektor der Schule Ende Juli 2017 nachhakte. Die Vergewaltigungsserie, die damals noch nicht bekannt war, setzte sich fort. Justiz und Jugendamt hatten das Kind nach einer Inobhutnahme im März 2017 zurück zur Mutter geschickt und ihr vertraut, dass sie das Kind schütze. Die Staatsanwaltschaft prüft nun Ermittlungen gegen das Jugendamt. Gegen die Behörde und auch gegen die Justiz sind zudem Strafanzeigen von Bürgern eingegangen. Der Prozess gegen die Mutter des Kindes und den Lebensgefährten wird fortgesetzt. Der Junge lebt inzwischen bei einer Pflegefamilie.