Wie Taube „hören“
Dokumentation öffnet eine Tür in die Welt gehörloser Menschen
Virginie hat etwas erreicht, das in Frankreich vor ihr noch niemandem gelang: Als erste gehörlose Frau wurde sie Rechtsanwältin. Die 37-Jährige führt ein normales Leben, von dem sie selbst im Dokumentationsfilm „Die Eloquenz der Gehörlosen“erzählt. Virginie hat sich über 20 Jahre hinweg eine Stimme antrainiert, die sie selbst noch nie gehört hat. Dennoch reagieren andere im Gespräch häufig irritiert auf sie. „Ich spüre die Unsicherheit des Gegenübers“, erklärt Virginie. Ihre Lösung: „Ich bringe die Leute zum Lachen, dann entspannen sie sich.“
Die Hauptperson der Dokumentation ist verheiratet und hat zwei Kinder, die allerdings auch taub zur Welt kamen. Beim Abendessen erzählt ihr Sohn in einer Szene von den guten Erfahrungen, die er mit seinem Implantat im Ohr in der Schule gemacht hat. Er kann auf beiden Seiten hören.
Regisseurin Laëtitia Moreau schafft es, diese für Hörende stumme Welt erfahrbar zu machen. Und zwar nicht nur dadurch, dass sie den Ton abdreht, sondern Alltagssituationen zeigt und Virginie selbst erzählen lässt. Im Gespräch mit Kollegen bei der Arbeit, beim Arzt oder beim Einkaufen werden die Schwierigkeiten für Gehörlose nachvollziehbar – und die kleinen für die laute Welt unscheinbaren Dinge, die Virginie viel intensiver wahrnehmen kann. Neben ihr kommt ihr Mann zu Wort, der die Stärke und das Durchhaltevermögen seiner Frau bewundert. Der 55-minütige Film lebt auch von Virginies Stimme. Klassische Interviewsituationen werden flüssig eingewebt, sodass die Doku über die gesamte Länge hinweg interessant bleibt.