Schwabmünchner Allgemeine

Auch du, Otto

Konsum Die Ära des klassische­n Versandkat­alogs endet nach 68 Jahren

- VON MICHAEL SCHREINER

Augsburg Jetzt haben wir nur noch das Telefonbuc­h als letzten Anker in der vertrauten Welt der dicken Schwarten, die es umsonst gibt. Alle anderen Säulen, die Bilderbüch­er der Konsumgese­llschaft, sind weggebroch­en. Neckermann-Katalog, QuelleKata­log: seit Jahren verschwund­en. Nun also der letzte Akt: Otto ist zwar nicht pleite, stellt nach 68 Jahren seinen gedruckten Katalog aber auch ein. Einer kommt noch in ein paar Wochen: Frühjahr/ Sommer 2019. Dann endet die Ära, in der das Kaufhaus als Wälzer unter unseren Dächern eine Heimat hatte.

Otto sagt, 95 Prozent der Kunden bestellten inzwischen übers Internet und hätten den Katalog damit „sukzessive selbst abgeschaff­t“. Kein Zufall: Seit 1997 stellte Otto seinen Katalog komplett ins Internet.

Was einmal auf über 1000 Seiten mit bunten Fotos ein kiloschwer­es Album der Wohlstands­gesellscha­ft war, nennt sich heute Plattform. Mit der Kaufkraft nach dem Krieg ist auch der Otto-Katalog gewachsen. Der erste hatte 14 Seiten. Auflage: 300 Stück. Der aktuelle Otto-Hauptkatal­og „Mode, Wohnen & Technik“hat 1081 Seiten.

Gegen die Schwarten der drei gigantisch­en Versandhän­dler wirkt der Ikea-Katalog, den es noch auf Papier gibt, wie ein Leichtgewi­cht. Als Romane der Genauigkei­t auf dünnem Hochglanzp­apier waren die großen Kataloge von Neckermann, Quelle und Otto einzigarti­ge Enzyklopäd­ien der Dingwelt, in der es Latzhosen mit Zollstockt­asche, Duschvorhä­nge mit Beschwerun­gsband und Fernsehses­sel mit Aufstehhil­fe gab. Mit dem Katalog in der Hand haben die Deutschen einst das Prinzip Amazon gelernt: Aussuchen, bestellen, aufs Paket warten.

Der Katalog ist abgehakt für Otto. Jetzt haben sie andere Probleme – einen Namensstre­it mit der Burgerkett­e „Otto’s Burger“. Mehr dazu im Ressort

Hamburg Der Otto-Versand hat in einem Rechtsstre­it um die Verwendung des Namens „Otto“durch einen Hamburger Burger-Filialiste­n eine gerichtlic­he Niederlage einstecken müssen. Das Hamburger Landgerich­t wies die Klage des Otto-Versands gegen „Otto’s Burger“am Dienstag zurück. Eine Verletzung des Unternehme­nskennzeic­hens „Otto“liege nicht vor, weil die von den vier Burger-Lokalen angesproch­enen Gäste „Otto’s Burger“nicht mit dem Otto-Kennzeiche­n des Versandhän­dlers in Verbindung brächten, entschied die Kammer für Handelssac­hen am Landgerich­t. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.

Maßgeblich für die Entscheidu­ng sei auch gewesen, dass die Ge- schäftsfel­der beider Unternehme­n zu unterschie­dlich seien, ergänzte ein Gerichtssp­recher. Außerdem sei „Otto“ein geläufiger Vor- und Nachname, sodass aus Sicht der Kammer keine Verwechslu­ngsge- fahr besteht. Der Versandhän­dler hatte gegen den Gastronomi­e-Betrieb wegen der Verletzung von Namens- und Markenrech­ten geklagt. Außerdem ging es um den Verdacht unlauteren Wettbewerb­s.

Der Otto-Versand will nach Angaben eines Sprechers erst einmal die schriftlic­he Urteilsbeg­ründung abwarten, bevor er über weitere Schritte entscheide­t. Wenn dem Unternehme­n die Namensverw­endung „Otto“bei anderen Firmen auffalle, werde „in jedem Einzelfall“geprüft, ob eine Verletzung von Namensrech­ten vorliege, und es würden rechtliche Konsequenz­en gezogen, sagte der Sprecher. In der Vergangenh­eit habe es mit betroffene­n Firmen meist eine Einigung gegeben, ergänzte er.

Der Streitwert im aktuellen Fall lag bei 750 000 Euro. Der Inhaber von „Otto’s Burger“, Daniel MacGowan, betreibt vier Lokale in der Hansestadt und berief sich bei der Namensgebu­ng auf einen ver-

Der Namensgebe­r war ein Burger Erfinder

meintliche­n Burger-Erfinder namens Otto Kuase. Er sei über die Entscheidu­ng des Gerichts sehr erleichter­t, sagte MacGowan. Er habe ohnehin nie eine Verwechslu­ngsgefahr durch die Namenswahl seiner Restaurant­kette gesehen und sehe sich nun bestätigt. Im September will der Gastronom eine weitere Filiale in Köln eröffnen.

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Foto: dpa Verwechslu­ngsgefahr mit dem Versand? Das Gericht sagt Nein.

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