Auch du, Otto
Konsum Die Ära des klassischen Versandkatalogs endet nach 68 Jahren
Augsburg Jetzt haben wir nur noch das Telefonbuch als letzten Anker in der vertrauten Welt der dicken Schwarten, die es umsonst gibt. Alle anderen Säulen, die Bilderbücher der Konsumgesellschaft, sind weggebrochen. Neckermann-Katalog, QuelleKatalog: seit Jahren verschwunden. Nun also der letzte Akt: Otto ist zwar nicht pleite, stellt nach 68 Jahren seinen gedruckten Katalog aber auch ein. Einer kommt noch in ein paar Wochen: Frühjahr/ Sommer 2019. Dann endet die Ära, in der das Kaufhaus als Wälzer unter unseren Dächern eine Heimat hatte.
Otto sagt, 95 Prozent der Kunden bestellten inzwischen übers Internet und hätten den Katalog damit „sukzessive selbst abgeschafft“. Kein Zufall: Seit 1997 stellte Otto seinen Katalog komplett ins Internet.
Was einmal auf über 1000 Seiten mit bunten Fotos ein kiloschweres Album der Wohlstandsgesellschaft war, nennt sich heute Plattform. Mit der Kaufkraft nach dem Krieg ist auch der Otto-Katalog gewachsen. Der erste hatte 14 Seiten. Auflage: 300 Stück. Der aktuelle Otto-Hauptkatalog „Mode, Wohnen & Technik“hat 1081 Seiten.
Gegen die Schwarten der drei gigantischen Versandhändler wirkt der Ikea-Katalog, den es noch auf Papier gibt, wie ein Leichtgewicht. Als Romane der Genauigkeit auf dünnem Hochglanzpapier waren die großen Kataloge von Neckermann, Quelle und Otto einzigartige Enzyklopädien der Dingwelt, in der es Latzhosen mit Zollstocktasche, Duschvorhänge mit Beschwerungsband und Fernsehsessel mit Aufstehhilfe gab. Mit dem Katalog in der Hand haben die Deutschen einst das Prinzip Amazon gelernt: Aussuchen, bestellen, aufs Paket warten.
Der Katalog ist abgehakt für Otto. Jetzt haben sie andere Probleme – einen Namensstreit mit der Burgerkette „Otto’s Burger“. Mehr dazu im Ressort
Hamburg Der Otto-Versand hat in einem Rechtsstreit um die Verwendung des Namens „Otto“durch einen Hamburger Burger-Filialisten eine gerichtliche Niederlage einstecken müssen. Das Hamburger Landgericht wies die Klage des Otto-Versands gegen „Otto’s Burger“am Dienstag zurück. Eine Verletzung des Unternehmenskennzeichens „Otto“liege nicht vor, weil die von den vier Burger-Lokalen angesprochenen Gäste „Otto’s Burger“nicht mit dem Otto-Kennzeichen des Versandhändlers in Verbindung brächten, entschied die Kammer für Handelssachen am Landgericht. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.
Maßgeblich für die Entscheidung sei auch gewesen, dass die Ge- schäftsfelder beider Unternehmen zu unterschiedlich seien, ergänzte ein Gerichtssprecher. Außerdem sei „Otto“ein geläufiger Vor- und Nachname, sodass aus Sicht der Kammer keine Verwechslungsge- fahr besteht. Der Versandhändler hatte gegen den Gastronomie-Betrieb wegen der Verletzung von Namens- und Markenrechten geklagt. Außerdem ging es um den Verdacht unlauteren Wettbewerbs.
Der Otto-Versand will nach Angaben eines Sprechers erst einmal die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, bevor er über weitere Schritte entscheidet. Wenn dem Unternehmen die Namensverwendung „Otto“bei anderen Firmen auffalle, werde „in jedem Einzelfall“geprüft, ob eine Verletzung von Namensrechten vorliege, und es würden rechtliche Konsequenzen gezogen, sagte der Sprecher. In der Vergangenheit habe es mit betroffenen Firmen meist eine Einigung gegeben, ergänzte er.
Der Streitwert im aktuellen Fall lag bei 750 000 Euro. Der Inhaber von „Otto’s Burger“, Daniel MacGowan, betreibt vier Lokale in der Hansestadt und berief sich bei der Namensgebung auf einen ver-
Der Namensgeber war ein Burger Erfinder
meintlichen Burger-Erfinder namens Otto Kuase. Er sei über die Entscheidung des Gerichts sehr erleichtert, sagte MacGowan. Er habe ohnehin nie eine Verwechslungsgefahr durch die Namenswahl seiner Restaurantkette gesehen und sehe sich nun bestätigt. Im September will der Gastronom eine weitere Filiale in Köln eröffnen.