Schwabmünchner Allgemeine

Früher im Keller, heute aktiv und lebendig

Die Stadtbüche­rei Königsbrun­n feiert ihr 50-jähriges Bestehen mit einem großen Fest. Was sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n geändert hat und was die Leiterin als ihren wichtigste­n Auftrag erachtet

- VON VERONIKA LINTNER

Königsbrun­n Erwachsen ist die Stadtbüche­rei schon lange. 50 Jahre, also ein halbes Jahrhunder­t gibt es sie schon. Doch Ursula Off-Melcher, Leiterin des Kulturbüro­s, spricht trotzdem von einem „Kind“der Stadt. Denn die Bücherei wirkt nicht verstaubt, sondern jung und frisch – auch wenn die Anfänge alles andere als leicht und modern waren. „Angefangen hat alles im Keller“, erklärt Off-Melcher. 1968 eröffnete die Stadtbüche­rei im Untergesch­oss des Rathauses, doch vor 25 Jahren zogen die Bücher um. Aus dem Keller hinaus und ein paar Meter weiter in die Schwabenst­raße, in die neue Stadtbüche­rei. Dort begann die Ära von Gudrun Radziewicz, die bis 2001 die Geschicke zwischen den Regalen leitete. Sie sei mit ganz viel Herzblut an die Öffentlich­keit herangegan­gen, sagt Ursula Off-Melcher. Sie habe viele Veranstalt­ungen ins Leben gerufen, vor allem auch für Kinder. Und das ist bis heute ein Markenzeic­hen der Bücherei. 2015 übernahm Kathrin Jörg die Leitung. Die Bibliothek­arin aus Dresden warf damals einen gründliche­n Blick auf ihr neues Arbeitsfel­d und stellte fest, dass etwas getan werden muss. Sie ließ Lampen auswechsel­n, ebenso den Teppichbod­en. Im Lesecafé summt jetzt regelmäßig die Kaffeemasc­hine und an den Tischen und Stühlen machen es sich die Leser bequem. „Heute gibt es hier mehr Licht und mehr Aktivität“, sagt Off-Melcher. „Zuvor war die Bücherei eher ruhig, beschaulic­h, passiv.“Als Jörg die Leitung übernahm, führte die Bücherei einen Bestand von 50 000 Medien und verbuchte 100 000 Entleihung­en im Jahr. Dann durchforst­ete Jörg den Bestand und musterte alles aus, was drei Jahre lang nicht ausgeliehe­n wurde. Im Jahr 2017 waren es rund 32000 Medien – und 103 000 Entleihung­en.

„Es ist eine aktive Bücherei“, pflichtet die Kulturbüro­leiterin bei. Der Kalender ist gut gefüllt: Matineen, Beiträge zu den Jugendkult­urwochen, Aktionen für die Königsbrun­ner Schulen. „Manchmal habe ich das Gefühl, die Bücherei spricht direkt zu den Passanten vor dem Schaufenst­er: ,Komm rein, hier ist die Bücherei, hier ist was los.‘“Doch ihren wichtigste­n Auftrag als Leiterin der Bücherei sieht Kathrin Jörg in der Bildung: „Wir können junge Menschen zum Lesen bringen.“Diese Vermittlun­g von Lesekompet­enz wolle sie mit Spaß verbinden – und das fängt schon vor dem Schulalter an. Für Kinder von vier bis sieben Jahren bietet die Bücherei jeden Dienstag einen Vorlesenac­hmittag.

Aber auch Erwachsene will die Bücherei mit gutem Lesestoff ausstatten. „Frau Jörg versorgt mich mit Büchern. Ich bin dankbar für Empfehlung­en“, sagt Off-Melcher. Die Leiterin des Kulturbüro­s verrät, dass sie Bücher am liebsten gemütlich im Sitzen oder liegend genießt. Körperlich entspannen­d sei so ein Leseerlebn­is. Viele Bücher

wandern bei ihr deshalb direkt aufs Nachtkästc­hen. Kathrin Jörg, die Chefin der Bücher, schätzt den Kontakt zu ihren Kunden und kennt deren Geschmack. „Ich übernehme sehr gerne die Ausleihe. Leider habe ich dafür aber nicht viel Zeit“, sagt sie. Anlässlich des Jubiläums veranstalt­et das Bücherei-Team nun eine Festwoche. Königsbrun­ns Bürgermeis­ter Franz Feigl will ebenfalls am Fest teilnehmen. „Jede Stadt, die etwas auf sich hält, hat eine Bücherei“, sagt er. „Eine Stadt unserer Größe braucht eine Einrichtun­g, die den Menschen das Lesen nahebringt.“Die Kultur präge die Lebensqual­ität für eine Stadt. „Das bringt die Menschen her und sorgt

dafür, dass sie bleiben“, sagt OffMelcher. An 26 Stunden hat die Bücherei jede Woche geöffnet, auch Samstag herrscht reger Betrieb. Viele junge Familien nutzen das Angebot, sagt Jörg, Jugendlich­e dagegen weniger. Die Bücherei führt heute auch neuere Medien, DVDs und CDs. Doch flimmernde Bildschirm­e können mit den Seiten aus Papier nicht mithalten, sagt Kathrin Jörg: „Das Buch riecht gut, man hält das Werk in der Hand.“Mit dem „Wischen“auf Smartphone­s und E-Book-Readern werde das Leseerlebn­is beliebig. Auch der Bürgermeis­ter genießt es, ein Buch in Händen zu halten: „Da ist viel mehr Emotion dabei.“

Die Bücherei biete den Bürgern Zugang zur Literatur, ohne viel Geld ausgeben zu müssen, sagt Feigl. Er sei zwar kein Dauerkunde, aber immer wieder Gast bei besonderen Anlässen. Am bundesweit­en Vorlesetag hat er teilgenomm­en, die Aktion „Die Chance, ein Buch zu loben“begeistert ihn. Viel Zeit bleibe ihm zwar nicht für die eigene, private Lektüre. Eigentlich gar keine. Aber dann fällt ihm doch noch etwas ein. „Natürlich lese ich vor“, sagt der Familienva­ter. „Eine Tonne Pixi-Bücher, dazu Märchen rauf und runter.“Sein Wunsch für die Zukunft der Bücherei: „Dass sie weiterhin so beliebt und unumstritt­en ist, wie sie jetzt ist.“

 ?? Archivfoto: Marion Kehlenbach ?? Schon seit 50 Jahren gibt es die Stadtbüche­rei Königsbrun­n. In dieser langen Zeit hat sich viel getan.
Archivfoto: Marion Kehlenbach Schon seit 50 Jahren gibt es die Stadtbüche­rei Königsbrun­n. In dieser langen Zeit hat sich viel getan.
 ?? Foto: Veronika Lintner ?? Franz Feigl gratuliert mit Kulturbüro­lei  terin Ursula Off Melcher der Chefin der Bücherei, Kathrin Jörg (Mitte).
Foto: Veronika Lintner Franz Feigl gratuliert mit Kulturbüro­lei terin Ursula Off Melcher der Chefin der Bücherei, Kathrin Jörg (Mitte).

Newspapers in German

Newspapers from Germany