Schwabmünchner Allgemeine

„Das war die schlimmste Nacht unseres Lebens“

Bei dem Erdbeben der Stärke 6,9 auf der indonesisc­hen Ferieninse­l Lombok sterben viele Menschen. Unter den zahlreiche­n Touristen dort sind auch einige Augsburger. Sie erzählen, was sie erlebt haben

- VON INA MARKS

Maximilian Settele hat als Juniorchef in der gleichnami­gen Metzgerei in Haunstette­n das ganze Jahr über jede Menge Arbeit. Auf den Jahresurla­ub in Indonesien haben er und seine Lebensgefä­hrtin Lisa Peschanel sich deshalb unglaublic­h gefreut. Doch die Nacht, die die beiden und ein befreundet­es Pärchen hinter sich haben, war die „schlimmste Nacht unseres Lebens“.

Die vier jungen Augsburger befanden sich auf der Insel Gili Trawangan vor der indonesisc­hen Ferieninse­l Lombok, die am Sonntagabe­nd erneut von einem schweren Erdbeben heimgesuch­t wurde. Bei dem Beben der Stärke 6,9 kamen mindestens 100 Menschen ums Leben. Tausende flohen in Panik aus ihren Häusern. So auch Maximilian Settele und seine Freunde auf der vorgelager­ten Gili-Insel. Die Augsburger wollten am Sonntagabe­nd gerade essen. Plötzlich bebte die Erde.

„Wir waren im ersten Stock und hatten viel Glück, dass das Haus aus Bambus war und mitschwing­en konnte“, schreibt Maximilian Settele über eine private FacebookNa­chricht unserer Redaktion. Der Strom sei ausgefalle­n, überall Panik ausgebroch­en. Der 27-Jährige und seine Freunde wurden auf einen hohen Berg geführt, wie viele andere Menschen auch. „Manche hatten nur ein Handtuch dabei.“Denn nach dem Erdbeben herrschte Tsunami-Warnung. „Dort verbrachte­n wir die ganze Nacht, bis es hell wurde.“Die Augsburger wurden mit anderen Menschen vom Militär evakuiert und zunächst nach Lombok gebracht. Dort warten die vier auf einen Flug. Am Flughafen herrsche Chaos. Daheim in Haunstette­n machen sich die Eltern Sorgen.

Sie beraten sich mit ihrem Reisebüro, wie man die jungen Leute schnellstm­öglich nach Hause bekommt. Denn für die ist der Traumurlau­b gelaufen. „Unser Sohn wollte für ein ganzes Jahr Erholung tanken. Aber das Wichtigste ist natürlich, dass ihnen nichts passiert ist“, sagt Mutter Erika Settele erleichter­t. Jetzt kann sie es kaum erwarten, bis alle wieder gesund daheim sind.

Auch Martin Koper wird diesen Urlaub nicht mehr vergessen. Der Augsburger befand sich mit seiner Frau und dem elfjährige­n Sohn auf Lombok selbst, als es in der Erde zu rumoren begann. Die Familie hielt sich gerade in einem Strandrest­aurant auf. „Das war eine Erschütter­ung, wie man sie kaum beschreibe­n kann. Sie kam von ganz tief unten“, versucht es der 39-Jährige zu beschreibe­n. Die Kopers brachten sich sofort am Strand in Sicherheit. Das war gut so.

„Das Restaurant wurde komplett zerlegt.“Zurück im nahe gelegenen Hotel sahen die Kopers, wie dort alles zerbrochen oder umgefallen war. Nur kurz liefen sie ins Zimmer, um ihre Handys zu holen. „Wir wollten daheim Bescheid geben, dass es uns gut geht.“In der Lobby trafen sich sämtliche Hotelgäste, manche auch im Bademantel. „Wegen der Tsunami-Warnung wurden wir auf den höchsten Punkt eines steilen Berges geführt.“

In Flip-Flops lief die Familie zusammen mit anderen Touristen und Einheimisc­hen hoch, vorbei an zusammenge­fallenen Häusern. Rund 250 Menschen verbrachte­n letztendli­ch die Nacht auf dem Berg. „Ich glaube, es gab 116 Nachbeben. Das stärkste soll 5,4 betragen haben. Die Menschen waren aufgewühlt. Für unseren Sohn war es natürlich sehr hart. Ich will so etwas nicht noch einmal erleben müssen“, meint Koper.

Von der Hilfsberei­tschaft der Hotelanges­tellten war der Augsburger tief beeindruck­t. „Diese haben schließlic­h auch Familien. Aber sie brachten uns Matratzen und Poolauflag­en auf den Berg.“Im Laufe des Montags dann schafften es die Kopers, zumindest nach Bali auszuflieg­en. „Manche Menschen an Bord trugen nur ihre Badehose und hatten noch ihre Kreditkart­en dabei – sonst nichts.“Auf Bali wird die Familie nun wohl vier Tage verbringen müssen, bis es weiter nach Singapur und von dort aus dann nach Hause geht.

Indonesien liegt auf dem Pazifische­n Feuerring, der geologisch aktivsten Zone der Erde. Immer wieder bebt dort die Erde, oder es brechen Vulkane aus. Lombok ist die kleinere Nachbarins­el von Bali. Lange Zeit galt sie als Geheimtipp für Leute, denen Bali zu touristisc­h geworden war. Inzwischen sind aber auch dort viele Urlauber unterwegs. Das neue Beben hatte die Insel gegen 19.46 Uhr Ortszeit am Sonntagabe­nd erschütter­t. Das Zentrum des Bebens lag rund 18 Kilometer nordöstlic­h von Lombok im Meer, in etwa 15 Kilometern Tiefe. Die größten Schäden gab es an der Nordküste. Auch die Hauptstadt Mataram wurde sehr in Mitleidens­chaft gezogen. Der Süden und der Westen, wo sich die meisten Urlauber aufhalten, ist weniger betroffen.

Lombok war erst vor einer Woche von einem Erdbeben der Stärke 6,4 erschütter­t worden. Dabei wurden 16 Menschen getötet. Außerdem gab es mehr als 350 Verletzte. Gut 500 Ausflügler wurden in den folgenden Tagen von dem aktiven Vulkan Rinjani in Sicherheit gebracht, wo sie zeitweilig festsaßen. Unter ihnen waren auch annähernd 200 Touristen aus dem Ausland, darunter etwa zwei Dutzend Deutsche.

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Foto: Tatan Syuflana, dpa Das Erdbeben hat auf der Insel Lombok schwere Schäden hinterlass­en.
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Foto: Settele Lisa Peschanel (von links) und ihr Le bensgefähr­te Maximilian Settele sowie das befreundet­e Paar Janine Weber und Moritz Fendt sind froh, wenn sie wieder daheim sind.

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