„Chemie? – Nein danke“
Wie Schädlinge im eigenen Garten biologisch bekämpft werden können
Die grünen Kohlrabipflanzen ragen bereits aus der Erde, der Salat wird täglich größer, und die Tomaten aus dem eigenen Garten sind bereits reif. Doch kurz vor der Ernte sieht man zwischen den Pflanzen kleine Läuse krabbeln, die jedes Salatblatt anfressen. Die Wut ist groß. Zum effektiven Abtöten der Biester wird aus der Garage Spritzmittel geholt.
„Doch es geht auch schonend“, sagt Gärtner Robert Dieminger, Betriebsleiter der Klostergärtnerei in Ursberg und schaut sich im Gewächshaus um. Ein Schild mit der Aufschrift „Encarsia formosa“, zu deutsch Schlupfwespe, hängt an einem Tomatenstrauch. Er erklärt: „Für eine gesicherte Ernte muss die Pflanze im Gartenbeet nicht chemisch behandelt werden, denn für jeden Schädling gibt es zur Bekämpfung ein nützliches Insekt. Beim Anbau der Tomaten stoppt die Schlupfwespe den Befall der weißen Fliege.“Mit dem Legestachel lege der Nützling ein Ei in den Schädling. „Im Endeffekt wird der Schädling von innen heraus aufgefressen, und es schlüpft ein neuer Nützling.“ Es geht rau zu in der Natur. Die Blattläuse am Salat frisst in der Klostergärtnerei die Florfliegenlarve, ein Räuber unter den Insekten. „Der Einsatz von Räubern scheint auf den ersten Blick effektiver, da alle Schädlinge aufgefressen werden. Wenn allerdings alle Läuse weg sind, hat der Räuber ein Problem. Ich würde sagen, die Kombination aus Räuber und Parasit macht es.“
Doch die Arbeit mit Nützlingen ist teuer. Anders als ein Pflanzenschutzmittel könne man die Larven nicht für die nächste Gartensaison aufbewahren. Auch könnten die Nützlinge nur im Gewächshaus ausgesetzt werden. „Auf großen Ackerflächen hauen die Nützlinge ab.“
Für Hobbygärtner, die ihr Gemüse lieber spritzen, gibt es auch eine biologische Variante. Robert Dieminger zeigt auf das Pflanzenschutzmittel Neem Plus Schädlingsfrei: „Neem ist ein biologisches Mittel, das aus dem indischen Neembaum gewonnen wird. Das enthaltene Rapsöl verklebt die Atemwege der Läuse.“Er schmunzelt: „Herkömmliches Rapsöl fürs Salatdressing funktioniert bei der Bekämpfung nicht. Denn es löst sich nicht im Wasser auf.“Gegen die saugen- den Insekten seien auch Schutzmittel aus Kaliseife wirkungsvoll und pflanzenverträglich. „Kaliseife ist eine Schmierseifenlösung. Anders als die Neem-Produkte mit Rapsöl haben sie aber keine Langzeitwirkung. Es muss gezielt jede einzelne Laus behandelt werden.“Drei Schädlinge sind laut Dieminger gerade besonders aktiv. An der Karotte bedient sich die Möhrenfliege, die Kohlfliege frisst sich am Weiß- und Blaukraut, Chinakohl oder Wirsing satt, und am Lauch krabbelt die Lauchminiermotte. Nah an den Wurzeln legen die Fliegen ihre Eier ab. Er zeigt auf eine Karotte. Unten an der Wurzelspitze hat die Möhre schwarze Stellen. „Die schwarzen Stellen sind vermadet, völlig matschig und ungenießbar.“Die geschlüpften Larven im Lauch, den Karotten oder den Kohlpflanzen könnten das Gemüse derart befallen, dass die Pflanze absterbe.
Auf den Lauchfeldern der Klostergärtnerei liegen weiße Netze aus. Die Netze haben eine Maschenweite im Millimeterbereich. Es sind spezielle Kulturnetze, die den Anflug der kleinen Schädlingsfliege stoppen. „Ohne die Netze könnte der Lauch in der Gärtnerei zum Teil nicht mehr angepflanzt werden“, erklärt er. „Beim Lauch lassen wir das Netz ganzjährig auf der Pflanze, von der Einsaat bis zur Ernte. Die Karottenfliege zieht dreimal im Jahr für ungefähr vier Wochen los. „Zunächst Anfang Mai, die nächste Generation Ende Juli und die dritte von September bis Oktober.“In diesen Zeiten seien die Pflanzen mit dem Netz abgedeckt. Neben den Fliegen sind wie jedes Jahr Nacktschnecken ein Thema im Obst- und Gemüseanbau. Auch vor den Zierpflanzen machen die gefräßigen Tiere keinen halt. Eine ungefährliche Alternative zum chemischen Schneckenkorn? „Bio- Schneckenkorn“, sagt er. „Es schont die Umwelt, bietet Schutz für Nützlinge, wie zum Beispiel Bienen, und enthält keine Wartezeit bei der Ernte der Pflanze.“Unabhängig, für welche Marke man sich beim Kauf entscheide, sei für die biologische Bekämpfung der Schnecken der natürliche Wirkstoff Eisen-IIIPhosphat entscheidend. „Aber auch biologische Pflanzenschutzmittel können gefährlich sein“, warnt Dieminger. „Deshalb Gummistiefel, Arbeitskleidung und Handschuhe anziehen.“