„Wer mich als Nachbar hat, hat Pech…“
Vielleicht gibt es tatsächlich so etwas wie typisch deutsche Probleme. Vielleicht gibt es in keiner anderen Sprache einen adäquaten Ausdruck für „Zucht und Ordnung“. Denke ich. Unlängst las ich einen Artikel über die sogenannte „Hausordnung“– vielleicht gibt es diesen Ausdruck auch nur in Deutschland. Darin wurde erklärt, was in einem Mietshaus im Flur stehen darf und was nicht. Es ging um Rollstühle, Rollator und Schneeschaufel. Aber auch das Problem „Fußabstreifer vor der Wohnungstür“wurde behandelt. Es war zu lesen, dass sie grundsätzlich erlaubt sind, aber ein Passus im Mietvertrag kann dies verbieten.
Aber die wirklichen Probleme in großen Wohnanlagen finden sich nicht vor, sondern hinter der Tür. Dort wohnen ja nicht Besserverdienende, sondern Menschen, die eher aufs Geld schauen müssen. Und oft kennt man in großen Mietshäusern seine Nachbarn nicht mehr. Es kann sein, dass man in diesen „Blöcken“(so nannte man diese Häuser früher) in einer Welt der Einigelung und selbst gewählten Isolation lebt. Und das hat dann Begleiterscheinungen, die viel folgenreicher sind als ein „ungesetzlich“abgestellter Rollator im Treppenhaus. Aber dieser Bereich der Lebens-Un-Ordnung wird selten thematisiert, wird verdrängt.
Wohnen – teure Mieten, wenig Neubau, Hinausekeln von langjährigen Mietern sind ein Problem geworden, das politisch noch nicht weit oben auf der Agenda steht. Wenn die Wohnsituation prekär wird, schwindet der Gemeinschaftssinn und es können auch unter Deutschen „Parallelgesellschaften“entstehen.
Kleine persönliche Randbemerkung: Als ich 1998 in einen Block zog (mit ca. zwölf Mieteinheiten), stellte ich mich den unmittelbaren Nachbarn vor. Einer sagte: „Sie wissen ja, jedes Haus hat seine eigenen Gesetze.“Und der Nachbar gegenüber sagte nur: „Wer mich als Nachbar hat, hat Pech…“
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An dieser Stelle blickt der Kabarettist Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.