„In Rio den Durchbruch geschafft“
Zwei Jahre lang landete Hannes Aigner bei den ganz großen Wettkämpfen auf dem undankbaren vierten Platz. Jetzt ist er Weltmeister und hat neue Motivation für Tokio 2020
Herr Aigner, am vergangenen Sonntag, am letzten Tag der KanuslalomWeltmeisterschaft in Rio de Janeiro, sind Sie im Kajak Einer Weltmeister geworden. Danach ging es postwendend zurück in die Heimat. Wie haben Sie diese Stunden erlebt?
Aigner: Der Wettkampftag hatte sich für mich mit der Dopingkontrolle noch ziemlich lang gezogen, denn ich musste so um die zwei Stunden warten. Danach sind wir zurück ins Hotel und haben am Pool auf dem Dach noch zwei Stunden gefeiert. Dann gab es Abendessen, dann die Fahrt zum Flughafen, den Rückflug nach Deutschland und am Montagabend um halb zehn abends war ich wieder in Augsburg.
Ganz schön stressig, oder?
Aigner: Nein, das war schon ganz gut. Wir wollten ja alle nach Hause. Es war eine schöne Zeit in Rio. Nicht zu lange, nicht zu kurz. Aber es haben sich alle gefreut, wieder nach Hause zu kommen.
Sie sind mit Ihrer Trainingsgruppe, mit Ricarda Funk, Sebastian Schubert und Ihrem Trainer Thomas Apel auch schon frühzeitig zur WM angereist? Aigner: Ja, wir waren insgesamt zweieinhalb Wochen in Rio. Das war wichtig für uns, denn wir wollten verstärkt vor Ort trainieren, weil die Strecke doch sehr eigen ist. Mit dem Eiskanal in Augsburg gibt es da wenige Überschneidungspunkte. Wir wollten bestimmte Wasserverhältnisse gut trainieren, deshalb sind wir früh angereist.
Wie sahen die Trainingstage vor Ort in Rio aus?
Aigner: Anfangs waren wir meistens zweimal am Tag im Wasser, gegen Ende dann aber nur noch einmal. Das ist relativ wenig für unsere Verhältnisse, aber der Körper muss sich zwischendrin auch regenerieren, um dann auch fit zu sein für den Wettkampf.
Wie war es für Sie, zwei Jahre nach den Olympischen Spielen nach Rio zurückzukehren? 2016 hatten Sie an selber Stelle den undankbaren vierten Platz belegt.
Aigner: Damals war das für mich mit dem vierten Platz schon eine sportliche Niederlage, obwohl das ja generell ein gutes Ergebnis war. Aber ich bin natürlich sehr froh, dass es diesmal anders gelaufen ist. Diesmal war ich erfolgreich und die anderen knapp hinter mir.
Haben Sie während Ihres Rennens schon gespürt, dass das zum WM-Titel führen könnte?
Aigner: Ich hatte schon ein sehr gutes Gefühl beim Fahren. Das war das erste Mal seit langem, dass es mir gelungen ist, einen wirklich sehr guten Lauf zu fahren. Ich habe mich schon während des Fahrens gefreut, dass es so gut läuft, und hatte gehofft, dass ich es ins Ziel bringe. Und das hat gut funktioniert.
Sie mussten im Ziel lange warten, bis Ihr Titelgewinn sicher war. Wie haben Sie sich gefühlt?
Aigner: Es war schon öfters so, dass ich im Ziel war und gedacht habe, das müsste jetzt für eine Medaille reichen. Und dann war es nicht der Fall. Wie eben bei Olympia auf derselben Strecke. Deswegen war ich schon skeptisch bis zum Schluss.
Und Ihre Reaktion, als klar war, es hat geklappt?
Aigner: Ja, eine Riesenfreude. Ne- ben der olympischen Bronzemedaille von London ist das mein bisher größter Erfolg. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Man investiert ja schon sehr viel Zeit und Energie ins Training und es ist toll, wenn dann etwas zurückkommt. Auch für unseren Trainer Thomas Apel ist es ein tolles Erfolgserlebnis. Denn in den letzten zwei Jahren haben wir bei jedem großen Wettkampf – bei der Europameisterschaft, Weltmeisterschaft und eben auch Olympia – immer den vierten Platz belegt. Deswegen ist es einfach nur toll gewesen, endlich mal den Durchbruch zu schaffen.
Wie waren die Reaktionen auf Ihren Titelgewinn?
Aigner: Es gab großes Feedback. Sehr viele haben mir gratuliert. Mein Verein, der AKV, hat zum Empfang eingeladen, und auch am Montagabend wurde ich bei unserer Rückkehr am Kanu-Leistungszentrum schon von ein paar Vereinsmitgliedern empfangen. Das war sehr schön und hat mich sehr gefreut. Ansonsten bin ich noch nicht zu sehr viel gekommen, sondern bin immer noch damit beschäftigt, meine Sachen auszupacken.
Was bedeutet der WM-Sieg für Sie und Ihre Karriere?
Aigner: Für das Selbstbewusstsein und die sportliche Entwicklung ist der Titel natürlich von großem Vorteil. Ob sich der Titel auch vermarkten lässt, was ich hoffe, muss man sehen. In den Stadtwerken Augsburg habe ich schon einen regionalen Unterstützer, was mich sehr freut, aber es wäre natürlich schön, wenn da noch mehr dazukommen würden.
Wie geht es jetzt sportlich weiter? Aigner: Erst einmal freue ich mich auf die Trainingspause. Aber ich kann mich natürlich nicht auf dem Erfolg ausruhen, denn es geht umso härter weiter. Die Olympia-Qualifikation ist der wichtigste Wettkampf in den nächsten zwei Jahren. Denn es ist mein großes Ziel, zu den Olympischen Spielen nach Tokio zu kommen. Ich werde alles dafür geben, dass ich das noch mal schaffe.
Interview: Andrea Bogenreuther