Protestanten wählen am Sonntag noch einmal
Kirche Sie bestimmen ihre künftigen Gemeindeleitungen. Dekanin Doris Sperber-Hartmann erklärt Besonderheiten
Landkreis Augsburg Nach der Wahl ist vor der Wahl – jedenfalls für knapp 2,4 Millionen Protestanten in Bayern. Am letzten Sonntag wählten sie den Landtag, am kommenden Sonntag stehen die Wahlen der Kirchenvorstände an. Rund 15000 Menschen im südlichen Landkreis sind aufgerufen, an die Wahlurnen zu treten und ihr Votum für ihren Vertreter im Kirchenvorstand abzugeben.
Für Dekanin Doris SperberHartmann sind die Aufgaben des Kirchenvorstands außerordentlich wichtig: Der Vorstand übernimmt gemeinsam mit dem hauptamtlichen Pfarrer die Gemeindeleitung. Das Gremium entscheidet über alle Gebäude und Finanzen, über Angebote der Kirchengemeinde, beispielsweise ob und in welchem Umfang Kindertagesstätten betrieben werden. Zudem fällt der Vorstand Personalentscheidungen vom Hausmeister bis zur Erzieherin, und sogar das Auswahlverfahren für einzustellende Pfarrer läuft über seinen Tisch. Auch das Gottesdienstangebot und Details, etwa ob beim Abendmahl neben Wein auch Traubensaft angeboten wird, entscheidet das Gremium.
Die Dekanin betont, dass es im Kirchenvorstand zu keinen Kampfabstimmungen kommt: „Wir klären alles einvernehmlich und im Vorfeld.“Der Pfarrer habe dabei kein herausgestelltes Mandat.
Im Umfang der Verantwortung und Entscheidungsmöglichkeit liegt der maßgebliche Unterschied zum katholischen Pendant, dem Pfarrgemeinderat. In katholischen Kirchengemeinden trägt ein Verwaltungsrat viele Entscheidungen über Gebäude und Finanzen und der Pfarrgemeinderat ist für das Gemeindeleben zuständig.
Je nach der Größe der evangelischen Gemeinde wählen die Gläubigen sechs, acht oder neun Vorstandsmitglieder für eine Amtszeit von sechs Jahren. Die gewählten Vorstandsmitglieder haben dann noch die Möglichkeit, zwei weitere Personen in den Vorstand zu berufen, beispielsweise falls eine wichtige Berufsgruppe nicht vertreten ist.
Die Wahlen werden von einem sogenannten Vertrauensausschuss vorbereitet. Dieser Ausschuss spricht auch geeignete Personen an, ob sie zu einer Kandidatur bereit sind. „Dabei schauen wir, dass wir möglichst Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen mit dabei haben“, sagt Sperber-Hartmann. Für Gemeinden mit eigenem Kindergarten wäre es gut, wenn junge Eltern zum Vorstand gehören, oder junge Menschen, die den Jugendbereich abdecken, und Menschen aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die in der Gemeinde vertreten sind, wie etwa die Gruppe der Siebenbürgen. Auf den Listen sind doppelt so viele Kandidaten aufgeführt, wie später im Vorstand vertreten sind. Meistens werden die nicht gewählten Kandidaten in den erweiterten Vorstand aufgenommen, wenn sie das möchten. Allerdings haben sie dann kein Stimmrecht. Diese Praxis habe sich bewährt, falls jemand wegen Krankheit oder Umzug ausfällt. Der Nachrücker ist in so einem Fall bei allen Sachfragen auf dem Laufenden.
Im südlichen Landkreis wird in Königsbrunn, Bobingen, GrabenLagerlechfeld sowie in Schwabmünchen mit Langerringen gewählt. Die Wahlurnen stehen am Sonntag nach den Gottesdiensten je nach Gemeinde bis 15 oder 18 Uhr bereit. Danach wird ausgezählt.
Allen Wahlberechtigten wurden im Vorfeld die Wahlunterlagen zugeschickt, damit sie auch die Möglichkeit der Briefwahl nutzen können. Durch die Briefwahl erhoffen sich die Verantwortlichen eine höhere Beteiligung an der Wahl der Gemeindeleitungen. Zwischen regelmäßigen Kirchgängern und den Wählern gibt es keinen direkten Zusammenhang.
Die Erfahrung von SperberHartmann ist, dass manchen Menschen die Zusammensetzung des Kirchenvorstands wichtig ist, obwohl sie nicht zur Kirche gehen, aber kirchliche Einrichtungen nützen, andere wiederum besuchen regelmäßig die Gottesdienste, zeigen an den Wahlen aber nur wenig Interesse. Normale Gottesdienste werden von zwei bis fünf Prozent der Protestanten besucht, aber der Gesamtdurchschnitt läge mit rund 20 Prozent deutlich höher, wenn die besonderen Gottesdienste mit eingerechnet werden.
Nicht gewählte Kandidaten arbeiten oft im erweiterten Vorstand mit