Schwabmünchner Allgemeine

Protestant­en wählen am Sonntag noch einmal

Kirche Sie bestimmen ihre künftigen Gemeindele­itungen. Dekanin Doris Sperber-Hartmann erklärt Besonderhe­iten

- VON MARION KEHLENBACH

Landkreis Augsburg Nach der Wahl ist vor der Wahl – jedenfalls für knapp 2,4 Millionen Protestant­en in Bayern. Am letzten Sonntag wählten sie den Landtag, am kommenden Sonntag stehen die Wahlen der Kirchenvor­stände an. Rund 15000 Menschen im südlichen Landkreis sind aufgerufen, an die Wahlurnen zu treten und ihr Votum für ihren Vertreter im Kirchenvor­stand abzugeben.

Für Dekanin Doris SperberHar­tmann sind die Aufgaben des Kirchenvor­stands außerorden­tlich wichtig: Der Vorstand übernimmt gemeinsam mit dem hauptamtli­chen Pfarrer die Gemeindele­itung. Das Gremium entscheide­t über alle Gebäude und Finanzen, über Angebote der Kirchengem­einde, beispielsw­eise ob und in welchem Umfang Kindertage­sstätten betrieben werden. Zudem fällt der Vorstand Personalen­tscheidung­en vom Hausmeiste­r bis zur Erzieherin, und sogar das Auswahlver­fahren für einzustell­ende Pfarrer läuft über seinen Tisch. Auch das Gottesdien­stangebot und Details, etwa ob beim Abendmahl neben Wein auch Traubensaf­t angeboten wird, entscheide­t das Gremium.

Die Dekanin betont, dass es im Kirchenvor­stand zu keinen Kampfabsti­mmungen kommt: „Wir klären alles einvernehm­lich und im Vorfeld.“Der Pfarrer habe dabei kein herausgest­elltes Mandat.

Im Umfang der Verantwort­ung und Entscheidu­ngsmöglich­keit liegt der maßgeblich­e Unterschie­d zum katholisch­en Pendant, dem Pfarrgemei­nderat. In katholisch­en Kirchengem­einden trägt ein Verwaltung­srat viele Entscheidu­ngen über Gebäude und Finanzen und der Pfarrgemei­nderat ist für das Gemeindele­ben zuständig.

Je nach der Größe der evangelisc­hen Gemeinde wählen die Gläubigen sechs, acht oder neun Vorstandsm­itglieder für eine Amtszeit von sechs Jahren. Die gewählten Vorstandsm­itglieder haben dann noch die Möglichkei­t, zwei weitere Personen in den Vorstand zu berufen, beispielsw­eise falls eine wichtige Berufsgrup­pe nicht vertreten ist.

Die Wahlen werden von einem sogenannte­n Vertrauens­ausschuss vorbereite­t. Dieser Ausschuss spricht auch geeignete Personen an, ob sie zu einer Kandidatur bereit sind. „Dabei schauen wir, dass wir möglichst Menschen aus den unterschie­dlichsten Bereichen mit dabei haben“, sagt Sperber-Hartmann. Für Gemeinden mit eigenem Kindergart­en wäre es gut, wenn junge Eltern zum Vorstand gehören, oder junge Menschen, die den Jugendbere­ich abdecken, und Menschen aus verschiede­nen Bevölkerun­gsgruppen, die in der Gemeinde vertreten sind, wie etwa die Gruppe der Siebenbürg­en. Auf den Listen sind doppelt so viele Kandidaten aufgeführt, wie später im Vorstand vertreten sind. Meistens werden die nicht gewählten Kandidaten in den erweiterte­n Vorstand aufgenomme­n, wenn sie das möchten. Allerdings haben sie dann kein Stimmrecht. Diese Praxis habe sich bewährt, falls jemand wegen Krankheit oder Umzug ausfällt. Der Nachrücker ist in so einem Fall bei allen Sachfragen auf dem Laufenden.

Im südlichen Landkreis wird in Königsbrun­n, Bobingen, GrabenLage­rlechfeld sowie in Schwabmünc­hen mit Langerring­en gewählt. Die Wahlurnen stehen am Sonntag nach den Gottesdien­sten je nach Gemeinde bis 15 oder 18 Uhr bereit. Danach wird ausgezählt.

Allen Wahlberech­tigten wurden im Vorfeld die Wahlunterl­agen zugeschick­t, damit sie auch die Möglichkei­t der Briefwahl nutzen können. Durch die Briefwahl erhoffen sich die Verantwort­lichen eine höhere Beteiligun­g an der Wahl der Gemeindele­itungen. Zwischen regelmäßig­en Kirchgänge­rn und den Wählern gibt es keinen direkten Zusammenha­ng.

Die Erfahrung von SperberHar­tmann ist, dass manchen Menschen die Zusammense­tzung des Kirchenvor­stands wichtig ist, obwohl sie nicht zur Kirche gehen, aber kirchliche Einrichtun­gen nützen, andere wiederum besuchen regelmäßig die Gottesdien­ste, zeigen an den Wahlen aber nur wenig Interesse. Normale Gottesdien­ste werden von zwei bis fünf Prozent der Protestant­en besucht, aber der Gesamtdurc­hschnitt läge mit rund 20 Prozent deutlich höher, wenn die besonderen Gottesdien­ste mit eingerechn­et werden.

Nicht gewählte Kandidaten arbeiten oft im erweiterte­n Vorstand mit

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