Heute betreut Sie Rudi Radwechsel
Guten Morgen, Herr Stifter. Ich muss zugeben, ich finde es ganz schön, wenn ich in Mails oder sonstigen Nachrichten persönlich begrüßt werde. Fühlt sich halt schon besser an als „Liebe(r) Empfänger(in)“oder „Sehr geehrte(r) Kunde(in)“. Werbefachleute könnten jetzt sicher höchst wissenschaftlich erklären, warum ich das mag. Wahrscheinlich bin ich schlicht und ergreifend ein Marketing-Opfer meiner eigenen Eitelkeit. Damit kann ich leben. Mein Autohaus schickt mir jedenfalls immer am Tag vor unserem Termin eine Erinnerung per SMS. Das ist echt praktisch, außerdem erfahre ich auch gleich, welche(r) Mitarbeiter(in) sich diesmal um mich kümmern wird. Neulich, als es um meine Winterreifen ging, kam mir die Sache allerdings ein bisschen komisch vor.
„Herr Radwechsel 02 freut sich auf Ihr Kommen“, hieß es in der Nachricht. Seitdem frage ich mich natürlich, ob es auch einen Herrn Ölwechsel 04 oder eine Frau Abgastest 03 gibt. Und warum nicht längst andere Unternehmen auf diese ultimative Endausbaustufe der Personalisierung gekommen sind. Schatz, ich hab morgen Früh einen Termin bei Doktor Wurzelbehandlung 09 und schau dann gleich noch bei Frau Brühung 05 auf einen Kaffee vorbei. Oder so.
Guten Morgen, Herr Stifter. Als ich die nette Dame am Empfang des Autohauses genüsslich nach Herrn Radwechsel 02 frage, erklärt sie mir betont sachlich, dass da wohl ein Fehler passiert sei. Herr Radwechsel heiße mit Vornamen natürlich nicht 02. Sondern Rudi. Jetzt bin ich endgültig durcheinander. Rudi Radwechsel? Sollte mein Spott etwa total unangebracht sein? Hatte hier wirklich jemand seinen Namen zum Beruf gemacht?
Ich räuspere mich und versuche Zeit zu gewinnen. Die Dame fängt an zu lachen. Und ich muss zugeben: Gut gekontert, Frau Kundenbetreuung 01.