Hauptsache weiß
fürs Schneemachen nicht längst zu warm ist. Die sprichwörtliche Ruhe auf den Bergeshöh’n ist freilich dahin.
Der Ehrlichkeit halber soll nicht verschwiegen werden, dass die Beschneiung nicht nur der Quantität dient, sondern auch der Qualität. Will heißen: Selbst wenn der weiße Segen reichlich vom Himmel fällt, stehen nicht alle Schneekanonen still. Gilt es doch, die Piste für verwöhnte Wintersportler zu walzen, zu modellieren und auszubessern, auf dass sie selbst an Engstellen butterweich bleibe, wo Stahlkanten den Naturschnee längst schon abgeschabt haben. Nein, Skifahrer von heute wollen keine unangenehmen Berührungen mit Gras, Steinen oder blankem Eis.
Wer Skifahren nicht sowieso für ein unsinniges Treiben hält, hat sich an die Beschneiungsanlagen längst gewöhnt. Er akzeptiert, dass an Hängen Wasser-, Luft- und Stromleitungen verlegt und unterhalb von Gipfeln Speicherbecken ausgehoben werden, damit „Kanonen“oder wahlweise „Lanzen“gefrorenen Nebel versprühen können. „Schneesicherheit“heißt das Zauberwort. Und das hat ja nicht nur für Betreiber von Liftanlagen und Hoteliers enorme Bedeutung, sondern vor allem für die, denen nichts so große Lust bereitet wie der Wintersport. Sie lieben den weißen Guss, der am besten meterdick die Hänge und Flanken überzieht. Um gedanklich mit Wolfgang Ambros, der die ultimative Schneehymne dichtete, auf gut Wienerisch zu jubeln: „Schifoan is’ des Leiwandste, wos ma si nur vurstöll’n ko.“Den Kick suchen noch immer viele – trotz der horrenden Preise für das Vergnügen.
Übrigens: Nicht nur das Herstellen von Schnee verursacht Kosten, auch das Bekämpfen von zu viel Schnee an unerwünschter Stelle. Während die Liftgesellschaften nämlich mit Maschinen die sogenannte „weiße Pracht“für die Skifahrer auf die Pisten pusten, beschützen sie mit Hilfe anderer Gerätschaften die Sportler vor dem „weißen Tod“, also vor Lawinen, indem sie gefährliche Schneeansammlungen von neuralgischen Punkten kontrolliert absprengen. Dies ist natürlich vor allem dann nötig, wenn der Winter hält, was wir von ihm erwarten. Wenn also der Schnee in großen Mengen von oben kommt.
Naturschützer sind von all dem Treiben natürlich wenig begeistert. Ihrer Kritik an den Folgeschäden nur um das Ob, sondern auch um das Wie drehen muss.
Das Aufrüsten in Sachen Schnee beschränkt sich indes nicht auf die großen Skigebiete. Denn unter der Erwärmung der Erde leiden auch Gegenden, die man gemeinhin mit sanftem Tourismus verbindet. Der Luftkurort Scheidegg im Westallgäu testet im kommenden Jahr das „Snow-Farming“. Das Wort verrät schon, worum es geht: Wie der Bauer das Heu lagern die schlauen Scheidegger Schnee für den nächsten Winter einfach schon mal vorher im schattigen Wald ein. In diesen Tagen startet der Versuch, eine Schneekanone soll den Vorrat produzieren, der dann mit einer dicken Schicht aus Holz-Hackschnitzeln eingepackt und über den Sommer gelagert wird.
Ziel ist es, Gästen und heimischen Sportlern ab einem gewissen Datum weiße Loipen zu garantieren. Mal schauen, ob die Scheidegger Schneebauern erfolgreich sind – und was der ganze Aufwand kostet. Die berühmten Wintersport-Destinationen Davos und Livigno jedenfalls praktizieren die Schnee-Vorratshaltung schon.
Wenn die Natur nicht mehr mag, also quasi die Frau Holle das Schütteln ihrer Kissen aufgegeben zu haben scheint, dann machen wir unseren Winter halt selbst! Nicht nur auf den Pisten der Berge und den Loipen im Tal. Auch vor dem eigenen Häuschen können sich unverbesserliche Romantiker inzwischen als Hobby-Schneemacher austoben. Wer seinen Garten in ein WinterWonderland verwandeln will, muss nur einen kleinen vierstelligen Betrag fürs Schneekanönchen berappen. In diesem Sinne: Weiße Weihnachten, allerseits!