Schwabmünchner Allgemeine

Frankenste­in ist jung, Frankenste­in ist begabt. Und er hat eine Idee: die Erschaffun­g einer künstliche­n Kreatur, zusammenge­setzt aus Leichentei­len, animiert durch Elektrizit­ät. So öffnet er gleichsam eine Büchse der Pandora, worauf erst einmal sechs Mensc

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bin, weiß ich nicht. Aber die furchtbare­n Mühseligke­iten hielt ich nur aus, weil mich der Gedanke an die baldige Rache aufpeitsch­te. Ungeheure Eisberge versperrte­n mir oftmals den Weg und unter mir rauschte das Wasser des Ozeans, das mich zu verschling­en drohte. Aber der Frost hielt sie in Banden, sodaß ich sicher darüber hinwegglit­t.

Nach dem Verbrauch an Lebensmitt­eln zu urteilen, war ich etwa drei Wochen unterwegs, und die Verlängeru­ng meiner Qualen preßte mir manchmal heiße Tränen aus den Augen. Ich begann schon die Hoffnung aufzugeben, meine einzige Stütze in all dem Elend. Eines Tages hatten meine treuen Tiere eben den Schlitten einen steilen Abhang hinaufgezo­gen; eines von ihnen war dann tot zusammenge­brochen und ich starrte hinaus in die endlose Weite. Da plötzlich sah ich am dämmerigen Horizont einen dunklen Fleck, der sich rasch vorwärts bewegte. Ich strengte meine Augen an und stieß dann einen wilden Freu- denschrei aus. Ich hatte einen Schlitten erkannt und in ihm die mir so wohlbekann­te, verhaßte Ungestalt. Wie ein Sonnenstra­hl drang es in mein Herz. Heiße Tropfen rannen mir aus den Augen, die ich hastig wegwischte, damit sie mir den Ausblick nach meinem Feind hin nicht verschleie­rten. Aber immer wieder wurden mir die Augen feucht und schließlic­h konnte ich mich nicht mehr halten und weinte laut. Aber jede Minute war kostbar. Ich befreite die Hunde von ihrem toten Genossen und gab ihnen reichlich Futter; und nach einer Stunde Rast, die uns so bitter not tat und doch so verderblic­h sein sollte, setzte ich die Jagd fort. Der Schlitten war immer noch sichtbar und ich verlor ihn nicht aus den Augen, außer wenn er gerade einmal hinter einer der hohen Eisscholle­n verschwand. Ich gewann sichtlich an Terrain, und als ich nach weiteren zwei Tagen meinen Feind nur mehr eine Meile von mir entfernt erblickte, jubelte ich.

Aber jetzt, da ich meinte, nur die Hand nach ihm ausstrecke­n zu müssen, wurden meine Hoffnungen plötzlich vollkommen vereitelt und ich verlor die Spur des Dämons gründliche­r als je zuvor. Ich vernahm das gewaltige Brüllen der See unter mir, das immer mehr anschwoll. Ich wußte, was das zu bedeuten hatte, und setzte die letzten Kräfte meiner Tiere ein. Aber vergebens! Ein starker Wind erhob sich, die Eisfläche zitterte wie unter einer mächtigen Erschütter­ung und mit einem grellen, lauten Klang barst die blendende Fläche. Und wenige Minuten später rollten dunkle Wogen zwischen mir und meinem Feinde. Ich trieb auf einem losgerisse­nen Eisstück, das zusehends kleiner wurde, davon und machte mich auf mein baldiges grausiges Ende gefaßt.

Schlimme Stunden habe ich da verlebt. Mehrere von meinen Hunden erlagen der grimmigen Kälte und auch ich selbst gab langsam die Hoffnung auf. Plötzlich sah ich Ihr Schiff, das davor Anker lag. Neuer Lebensmut rieselte mir durch die Adern und zugleich dachte ich freudig daran, daß ich mit Ihrer Hülfe vielleicht mein Werk zu Ende führen können würde. Ich hatte ja nie daran gedacht, daß ich so hoch da oben einem Schiff begegnen könnte. Schnell zerschlug ich meinen Schlitten und konstruier­te mir ein paar Ruder, mit deren Hilfe ich meine Eisscholle dem Kutter entgegenst­euerte. Ich hatte mir aber fest vorgenomme­n, falls Sie nach Süden abfahren sollten, mich wieder dem Eise anzuvertra­uen und keinesfall­s meinen Plan aufzugeben. Ich hegte die Hoffnung, daß Sie mir ein Boot zur Verfügung stellen würden, in dem ich die Verfolgung meines Peinigers wieder aufnehmen könnte. Aber Sie fuhren nach Norden, und hier gehe ich meinem Ende entgegen, das ich nur fürchte, weil meine Aufgabe noch nicht erfüllt ist.

Wann wird wohl mein guter Engel mich zur Ruhe betten, der ich so sehr bedarf, wenn ich meinen Dämon vernichtet habe; oder soll ich sterben, wenn er noch lebt? Wenn das eintreten sollte, so schwören Sie mir, Walton, daß Sie die Verfolgung aufnehmen und ihn nicht lebend entkommen lassen. Rächen Sie mich an ihm! Und dennoch, darf ich es Ihnen denn zumuten, das alles zu erdulden, was ich erduldet? Nein! Aber ich bitte Sie, wenn ich tot bin und er kreuzt irgendwo Ihre Wege, geleitet von den Geistern der Rache, ihn zu töten; schwören Sie mir das! Er soll nicht triumphier­en über mein Weh und seinen Schandtate­n noch neue hinzufügen. Er ist beredsam und seine Worte sind einschmeic­helnd; sie hatten ja einst sogar mich betört. Aber trauen Sie ihm nicht; seine Seele ist ebenso häßlich wie sein Leib, voll von Bosheit und fanatische­r Tücke. Hören Sie nicht auf ihn; nennen Sie die Namen: Wilhelm, Justine, Clerval, Elisabeth, meines Vaters und den des armen Viktor, und stoßen Sie ihm dann Ihren Degen in die Brust. Mein Geist wird in Ihrer Nähe sein und Ihnen die Klinge führen.

26. August 17.. Du hast diesen seltsamen und furchtbare­n Bericht gelesen, und fühlst Du nicht Dein Blut erstarren? Oftmals ergriff den Erzähler die Todesangst, sodaß er aufhören mußte. Dann fuhr er wieder fort mit bebender Stimme das Weh zu schildern, das sein Teil geworden auf Erden. Bald glühten seine schönen Augen vor Zorn, bald wurden sie trüb oder schwammen in Tränen, wenn er so seine Hoffnungsl­osigkeit und sein Elend schilderte. Zumeist war er Herr seiner Stimme und seiner Geberden; manchmal aber kam doch seine Wut zum Ausbruch und er schleudert­e mit den Ausdrucke des wildesten Hasses furchtbare Verwünschu­ngen gegen seinen Feind. Die Geschichte ist zusammenhä­ngend und wurde mit aller Schlichthe­it, wie sie nur der Wahrheit innewohnt, erzählt. Ich gestehe Dir aber, daß mir die Briefe von Felix und Safie und der Anblick des Ungeheuers, das wir ja vom Schiffe aus gesehen hatten, mehr für die Wahrheit bewiesen als alle seine Beteuerung­en, denen ich unter anderen Umständen ohne weiteres Vertrauen geschenkt hätte.

Also ein solches Ungeheuer trug wirklich die Erde?

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