Ölsucher bauen wieder Bohrturm am Lechfeld auf
Neue Förderstelle soll 2019 erschlossen werden. Seit 40 Jahren fließt das „schwarze Gold“Tag für Tag
Großaitingen Genau 40 Jahre nach Beginn der Erdölförderung am Lechfeld baut das deutsche Unternehmen Wintershall seinen Standort weiter aus. Noch stehen Ort und Zeitpunkt für die nächste Bohrstelle nicht exakt fest, doch die BASFTochter will weiter kontinuierlich investieren. Ein Unternehmenssprecher verriet auf Anfrage, dass die nächste Erkundungsbohrung voraussichtlich 2019 niedergebracht wird. Die Detailplanung sei jedoch noch nicht abgeschlossen.
Das Projekt dürfte wieder einen Millionenbetrag kosten. Wintershall äußert sich dazu noch nicht. Fest steht: Es wird die 16. Ölbohrung am Lechfeld sein. Zunächst wird ein sogenanntes Standrohr tief in die Erde getrieben. Es dichtet später das Bohrloch in den oberen Schichten ab, sodass kein Grundwasser eindringen oder verunreinigt werden kann. Durch dieses Rohr wird ein Bohrturm sein Gestänge mit dem Fräskopf am Ende bis auf rund 1300 Meter Tiefe vorantreiben. Mehrere Wochen wird es dauern, bis das sich drehende und ruppig wirkende Werkzeug am Ziel ist und der Bohrturm durch eine kleine Förderpumpe ersetzt werden kann.
Geologen werden immer wieder das hochgespülte Material untersuchen. Am Ende kommt es darauf an, in porösem Sandstein in über einem Kilometer Tiefe auf erdölhaltige Bereiche zu treffen. In der Vergangenheit ist das nur einmal misslungen. Das spricht für die Präzision der Bohrungen und die Vorkenntnisse, die Geologen aus Bodenproben und seismischen Daten gewonnen haben. Denn das Öl ist gut versteckt. Es bildet keinen See in einem Hohlraum, sondern ist in einem Netz dünner Risse verteilt. Dies gilt es an ganz bestimmten Stellen anzuzapfen. Es müssen Gesteinsklüfte sein, in die später stets genügend Erdöl nachfließt, um eine stetige Förderung am Laufen zu halten. Dazu können die Spezialisten am Bohrturm ihren Fräskopf ziemlich genau durchs Gestein schieben, wenn nötig sogar schräg und in einer Kurve. Bildlich gesprochen geht es darum, eine Kugel in der Größe eines Medizinballs in über 1200 Meter Tiefe auf das Brett eines Basketballkorbes zu bringen. Es kann sein, dass das Ziel zwar getroffen wird, aber das vermutete Öl längst abgeflossen ist.
Begonnen hat die Geschichte der Erdölförderung im Augsburger Land in den Jahren der ersten weltweiten Ölkrise. Untersuchungen mit Schallwellen folgten 1976 und 1977 erste Versuchsbohrungen. Sie bestätigten die Annahme, dass hier Erdöl lagert. 1979 begann der reguläre Förderbetrieb – und der hält seither an. Stunde um Stunde, Tag für Tag helfen Pumpen dem Öl die letzten Meter an die Oberfläche.
Das Erdöl entstand vor etwa 185 Millionen Jahren durch Umwandlungsprozesse organischer Stoffe unter hohem Druck und Temperatur. Dieses organische Material hatte sich in einem Urmeer, welches an der Stelle des heutigen Alpenvorlandes existierte, abgelagert. Daraus ist unter Druck und Hitze Öl entstanden. Mit ihm steigt bei der Förderung eine Mischung aus altem Meer- und Süßwasser hoch. Es wird zurück in die Lagerstätte geschickt und erhält dort den Erdinnendruck aufrecht. Was aus den rund 35000 pro Jahr geförderten Tonnen Öl wird, entscheidet sich in der Raffinerie. Es eignet sich als Benzin ebenso wie für die chemische Industrie zur Kunststoffherstellung.
Der Begriff „Lechfeld-Öl“oder „Aitinger Oil“ist übrigens eine Reminiszenz an die Nachbarschaft des kleinen Förderbetriebs bei Großaitingen. In Wirklichkeit dürfte die Lagerstätte weit über die Region hinaus verteilt sein. Weitere, jedoch viel kleinere Fördergebiete reihen sich in Südbayern zwischen Iller und Chiemsee aneinander.