Dahoam bei die Preiß’n
Vor 20 Jahren eröffnete Bayern als erstes Bundesland eine Landesvertretung in Berlin. Während die Gründerväter das feiern, fremdelt der künftige CSU-Chef mit der Hauptstadt
Berlin A zünftige Blasmusi, fesche Madl’n im Dirndl, stramme Buabn in der Tracht, weiß-blaue Rauten an der Wand, dazu ein frisch gezapftes Weißbier. So klingt Bayern, so sieht Bayern aus und so schmeckt Bayern. Auch wenn man nicht in Bayern ist, sondern in Berlin. Dahoam is dahoam – auch in der Hauptstadt der Preiß’n. Und das seit 20 Jahren.
Am 10. Dezember 1998 weihten der damalige Bundespräsident Roman Herzog, als gebürtiger Landshuter ein waschechter Bayer, und der damalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber die Vertretung des Freistaats Bayern beim Bund in Berlin ein und etablierten somit schon ein Jahr vor dem Umzug von Bundestag und Bundesregierung von Bonn nach Berlin ein Stück Bayern in der Hauptstadt. Am Donnerstag feierten die Bayern mit einem Festakt den runden Geburtstag ihrer Repräsentanz.
Dabei waren sie einst ja eigentlich gegen den Umzug. Wenn es nach den Bayern gegangen wäre, wäre das beschauliche und gemütliche Bonn am Rhein noch immer Sitz von Bundesregierung und Bundestag – und nicht das chaotische, turbulente und unfertige Berlin. „Eine Hauptstadt Kreuzberg wäre sicher das Letzte, was wir uns wünschen“, sagte auf dem Höhepunkt der Umzugsdebatte der damalige bayerische Ministerpräsident Max Streibl (CSU) und brachte den gesamten Widerwillen der weiß-blauen Staatsregierung auf den Punkt.
Doch weil die Bayern nach den Worten des früheren CSU-Chefs und Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß notfalls „die letzten Preußen“Deutschlands sein müssen, waren sie dann doch die Schnellsten und die Ersten, die in Berlin ihre Landesvertretung eröffneten. Das Parlament und die Regierung saßen zu diesem Zeitpunkt noch am Rhein, andere Länder hatten gerade erst die Baugrube ausgehoben, da brachten die Bayern schon ihr weißblaues Lebensgefühl und ihre kulinarischen Schmankerln von der Isar an die Spree.
Rund 35000 Besucher werden pro Jahr in dem noblen Altbau an der Behrenstraße, einer Seitenstraße der Friedrichstraße direkt gegenüber der Komischen Oper, gezählt, macht 700 000 Besucher seit der Eröffnung. Veranstaltungen wie das Neujahrskonzert, das Fischessen am Aschermittwoch, der Maibock-Anstich, das Oktoberfest oder die besinnliche Stunde im Advent haben sich im Veranstaltungskalender der Stadt fest etabliert. Alle Besuchergruppen der bayerischen Bundestagsabgeordneten werden mit Spezialitäten aus der Heimat verköstigt.
Große Politik wird natürlich auch gemacht. In Sitzungswochen tagt immer montags die CSU-Landesgruppe im Bierkeller, der Ministerpräsident und die Mitglieder der Staatsregierung haben Büros, um sich auf die Sitzungen des Bundesrats und der Ausschüsse der Länderkammer vorzubereiten. Die Mitarbeiter begleiten die Gesetzgebungsprozesse im Bundestag und achten darauf, dass die Interessen Bayerns nicht zu kurz kommen.
„Bayern ist bedeutend, einflussreich und mitgestaltend“, sagte ExMinisterpräsident Edmund Stoiber am Donnerstag. Und das werde auch so bleiben. Dieses Selbstbewusstsein des Freistaats spiegele sich auch in seiner Vertretung wieder. „Wir haben es geschafft, in Berlin eine Heimat zu finden.“
Ganz so euphorisch wollte sich der amtierende Ministerpräsident und Bald-CSU-Chef Markus Söder nicht äußern. Er kokettiert nur zu gern mit seiner Abneigung gegen Berlin. Welche Qual es dem bayerischen Ministerpräsidenten wohl bereiten muss, dass er zu Bundesratssitzungen und zu Koalitionsrunden nach Berlin fahren muss, offenbarte in einer launigen Rede. „Wir fahren wirklich wahnsinnig gerne nach Berlin“, sagte Söder, „aber das Schönste ist, wenn man dann nach erfolgreichen und spannenden Tagen in Berlin es wieder in Richtung Bayern verlässt.“Selbst wenn man an der bayerischen Grenze irgendwo ein Bayernschild nur vermute, „dann löst das irgendwelche inneren Verspannungen sofort auf“, sagt der Franke.
Söder kokettiert mit seiner Abneigung