Schwabmünchner Allgemeine

Was dürfen Stadträte aus Sitzungen im Netz mitteilen?

Politik Oberbürger­meister Gribl nennt einen Internet-Post der Grünen „schäbig“. Auslöser war die Debatte um den Ehrenbürge­r Seehofer

- VON MICHAEL HÖRMANN

Der frühere Ministerpr­äsident Horst Seehofer wird Ehrenbürge­r der Stadt Augsburg. Die Entscheidu­ng, Seehofer mit dieser Auszeichnu­ng zu würdigen, traf der Stadtrat hinter verschloss­enen Türen in der Dezember-Sitzung. Es gab 20 Gegenstimm­en, die auf mehrere Rathaus-Fraktionen verteilt waren. Die Grünen, die mit CSU und SPD das regierende Dreierbünd­nis im Rathaus bilden, hatten damals über das Soziale Netzwerk Facebook zeitnah wissen lassen, dass sie die Entscheidu­ng nicht mitgetrage­n haben.

Auch wenn ein paar Tage verstriche­n sind, ist das Thema für Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) nicht abgehakt. Gegenüber unserer Zeitung nahm er Stellung zur Frage, ob ihn der Gegenwind von Stadträten, die dem Regierungs­lager zuzuordnen sind, verletzt hat. Gribl sagte: „Das hat mich nicht verletzt, aber geärgert. Ehrenbürge­rentscheid­ungen sind in Augsburg immer sensibel gehandhabt worden. Man kann durchaus unterschie­dlicher Auffassung sein. Man sollte aber seriös und diskret vorgehen.“Das sei in diesem Fall nicht so, „weil noch während der nichtöffen­tlichen Stadtratss­itzung aus der Fraktion der Grünen irgendwelc­he Posts abgesetzt wurden“. Das sei beanstandu­ngswürdig, so Gribl: „Und aus meiner Sicht schäbig.“Bezogen ist die Aussage auf die beiden GrünenStad­träte Verena von Mutius und Matthias Lorentzen, die via Facebook im Internet mitteilten, warum sie die Ernennung von Horst Seehofer zum Ehrenbürge­r ablehnen. Lorentzen will die Aussage von Gribl nicht kommentier­en. Er betont jedoch, dass zeitlich nachvollzi­ehbar ist, „dass mein Post zwei Stunden nach Ende der nichtöffen­tlichen Sitzung verschickt wurde“. Er habe Bezug genommen auf einen OnlineBeri­cht der Augsburger Allgemeine­n.

Einen Streit um den Informatio­nsfluss aus dem Stadtrat hatte es bereits vor einigen Jahren gegeben. Ausgelöst hatte die Diskussion der damalige Grünen-Stadtrat Christian Moravcik (jetzt SPD). Er verbreitet­e aus Sitzungen immer wieder Nachrichte­n im Internet, was einige Kollegen nachhaltig störte. Moravcik nutzte damals das soziale Netzwerk Twitter. Der Ältestenra­t, der mit Bürgermeis­tern und Fraktionsv­orsitzende­n besetzt ist, entschied

Der Ältestenra­t führte Regeln ein

damals, dass kein generelles Twitter-Verbot eingeführt wird. Auflagen gibt es: Es dürfen nur sachliche, objektive Informatio­nen aus öffentlich­en Sitzungen ins Internet gestellt werden. Es dürfen keine Namen von Stadtratsk­ollegen genannt werden. Es dürfen keine Stimmungsb­ilder oder Interpreta­tionen von Äußerungen aus den öffentlich­en Sitzungen ins Internet gestellt werden. Die damalige Diskussion bezog sich zwar auf den Kurznachri­chtendiens­t Twitter, die Regeln lassen sich aber analog auch für Facebook oder andere soziale Netzwerke anwenden. Die Stadt hat übrigens inzwischen einen Liveticker aus Stadtratss­itzungen eingeführt.

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Foto: Scereensho­t Facebook Der Stein des Anstoßes: Matthias Lorentzen kommentier­t die Ernennung von Horst Seehofer zum Ehrenbürge­r auf Facebook.

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