Schwabmünchner Allgemeine

Die Schwarze Witwe der Côte d’azur

Vor einem Jahr wurde Patricia Dagorn zu 22 Jahren Haft verurteilt, weil sie ältere Männer vergiftet haben soll. Selbst ihr Sohn hält sie für manipulati­v

- VON BIRGIT HOLZER

Aix-en-provence Die Schwarze Witwe ist eine kleine Spinne, deren Gift gefährlich werden kann – je nach ihrer Verbreitun­g in Europa oder Amerika. Als „Schwarze Witwe der Côte d’azur“wiederum wird eine Frau bezeichnet, die mehrere ältere alleinsteh­ende Männer in ihr Netz lockte. Weil sie nach Ansicht eines Gerichts in Nizza mindestens vier von ihnen vergiftet hat, zwei davon mit tödlichen Folgen, wurde Patricia Dagorn vor einem Jahr zu einer Gefängniss­trafe von 22 Jahren verurteilt. Sie selbst hatte alle Vorwürfe bestritten und ging in Berufung. Ab Donnerstag wurde in Aix-en-provence der Prozess gegen die 58-Jährige erneut aufgerollt. Sie „bestreitet weiterhin die gesamten Taten“, ließ ihr Anwalt, Georges Rimondi, wissen. Beim ersten Prozess hätten sie die Medien bereits im Vorfeld als „Giftmörder­in“bezeichnet, was das Verfahren emotional belastet habe.

Als Nebenkläge­r traten vor einem Jahr der damals 82-jährige Ange Pisciotta und der 91-jährige Robert Vaux auf. Pisciotta sagte aus, Dagorn 2011 über eine Annonce kennengele­rnt zu haben. Nach wenigen Tagen habe sie ihm einen Kaffee nach dem Essen angeboten. „30 Sekunden nach dem Kaffee kippte ich um“, sagte Pisciotta. Am nächsten Tag sei er benommen aufgewacht und habe festgestel­lt, dass nicht nur seine Geliebte verschwund­en war – sondern auch der neue Computer, den er für seinen Sohn gekauft hatte. Dieser sei ein Weihnachts­geschenk gewesen, hatte die Beschuldig­te vor Gericht erwidert: „Ich trinke gar keinen Kaffee, ich habe ihn nie vergiftet. Herr Pisciotta spinnt sich et- zusammen.“Robert Vaux wiederum berichtete, dass ihn Nachbarn auf seinen verschlech­terten Gesundheit­szustand hingewiese­n hatten, kurz nachdem er Patricia Dagorn kennengele­rnt hatte. Diese gab später auch zu, Valium besessen zu haben, um es selbst einzunehme­n. Doch Vaux habe ihr Glas ausgetrunk­en. Zugleich hatte sie den Rentner um hohe Geldsummen gebeten und seinen Notar kontaktier­t, um seine Alleinerbi­n zu werden.

Auch kamen die Ermittler auf Dagorns Verbindung­en mit zwei Männern aus der Region, die unter seltsamen Umständen ums Leben gekommen waren. 2011 lag der pensionier­te Maurer Michael Kneffel tot und mit Valium-spuren im Blut in einem Hotel für Obdachlose in Nizza, wo sie mit ihm untergekom­men war. Im selben Jahr wurde der 85-jährige Francesco Filippone leblos in seiner Badewanne gefunden. Zeitgleich löste Dagorn einen Scheck über 21000 Euro von ihm ein. Einem Freund hatte Filippone zuvor von der Begegnung mit einer jüngeren Frau erzählt, die ihn gebeten habe, ihr mehrere tausend Euro zu leihen.

Insgesamt lernte die sogenannte „Schwarze Witwe“, die Gerichtsps­ychologen als gefühls- und skrupellos beschriebe­n, zwischen 2011 und 2012 über eine Partnerver­mittlungsa­gentur mindestens 20 Männer an der Côte d’azur kennen. Dort suchte sie nach Partnern im Alter zwischen 50 und 80 Jahren – „oder auch mehr“. Bei einer Durchsuwas chung wurden Dokumente verschiede­ner Männer bei ihr gefunden – vom Scheckheft bis zu Kopien ihrer Ausweise.

Bereits 2012 war Dagorn zu einer fünfjährig­en Haftstrafe verurteilt worden, weil sie versucht hatte, einen Witwer mit Valium zu vergiften und durch eine Unterschri­ft unter gefälschte Papiere 215 000 Euro von ihm zu bekommen. Zuvor hatte sie eine einjährige Bewährungs­strafe durch die Beteiligun­g an Betrügerei­en ihres Ex-mannes erhalten.

Einer ihrer beiden Söhne, Guilhem, nannte seine Mutter in einer Fernseh-dokumentat­ion eine manipulati­ve Frau, die Männer des Geldes wegen verführe: „Das Geld ist eine Obsession, die sie hat, seit ich sie kenne“, sagte er.

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Foto: picture-alliance Patricia Dagorn hatte sich nach Überzeugun­g eines Gerichts in Nizza an der schönen Côte d’azur an alleinsteh­ende, ältere Männer herangemac­ht, um sie auszunehme­n.

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