Schwabmünchner Allgemeine

Bayern-absturz am Betzenberg

Die Münchner erlebten 1973 in Kaiserslau­tern eine ihrer bittersten Pleiten. Der Pfälzer Kapitän Ernst Diehl erinnert sich

- VON ANTON SCHWANKHAR­T

Ernst Diehl ist in Etschberg, etwa 40 Kilometer von Kaiserslau­tern, geboren. Ein Pfälzer also – unüberhörb­ar. Wer in dieser Ecke der Republik Talent zum Fußballspi­elen hat, landet irgendwann beim 1. FCK, den Roten Teufeln vom Betzenberg. Das war auch in den 60er Jahren schon, als Diehl dort zum Bundesliga-spieler reifte. Vorstopper nannte man Verteidige­r seines Schlages damals. Schwerarbe­iter, die sich mit Leib und Seele in die gegnerisch­en Angriffe werfen. Heute sind Vorstopper ausgestorb­en. Opfer vieler moderner Spielsyste­me. Diehl war damals einer der besten im Land. Für die Nationalel­f hat es dennoch nicht gereicht. Dort hielt Hans-georg „Katsche“Schwarzenb­eck den Vorstopper-posten besetzt. Diehl musste sich Erfolge mit seinem 1. FC Kaiserslau­tern erkämpfen – und das am besten auf dem Betzenberg. Am 20. Oktober 1973, dem 12. Spieltag der Saison, schien wieder einmal Gelegenhei­t dazu. Der FC Bayern machte seine Aufwartung. Maier, Schwarzenb­eck, Beckenbaue­r, Müller, Hoeneß – alle amtierende Meister. Aussicht auf fette Beute für die Roten Teufel, zumal auch die gefürchtet­en 34 000 Fans auf dem „Betze“gegen die Bayern ebenfalls immer zur Hochform aufliefen. „Gegen die Bayern“, erinnert sich Diehl, damals mit jungen 24 Jahren schon Kapitän der Pfälzer, „haben wir immer gute Spiele gemacht. Doch dieses Mal sah es zunächst anders aus. Die vermeintli­che Beute brachte den Berg schnell zum Verstummen. Nach 36 Minuten führten die Münchner 3:0. Das Anschlusst­or zum 1:3 vor der Pause weckte die Hoffnungen der Gastgeber, das Blatt zu wenden. Diehl: „In der Kabine herrschte Optimismus.“Davon war auf den Rängen allerdings nichts mehr zu spüren, als Diehls Gegenspiel­er Gerd Müller nach einer Stunde mit seinem zweiten Tor zum 4:1 traf. Die ersten Zuschauer verließen enttäuscht das Stadion – und kehrten Minuten später auf ihre Plätze zurück. Klaus Toppmöller und Seppl Pirrung mit zwei Treffern glichen aus, ehe Diehl mit einem seiner 18 Bundesliga­treffer die Führung gelang. Jetzt tobte der Betzenberg. Aber es war noch nicht Schluss. Herbert Laumen schraubte das Ergebnis auf einen rauschhaft­en 7:4-Endstand. „Die Bayern waren hinterher so baff, wie wir selbst“, erinnert sich Diehl an einen wortkargen Abgang in die Kabinen. 800 Mark Siegprämie gab es damals. „Vielleicht wurde auf 1000 aufgerunde­t“, aber das weiß ich nicht mehr. Woran sich der 70-Jährige dagegen noch genau erinnert:

Das lud ihn ins Sportstudi­o ein. Hary Valérien moderierte. Für den 24-Jährigen war die Moderatore­n-legende „eine Größe“und die Begegnung mit ihm „eine tolle Geschichte“.

Nach 314 Bundesliga­spielen musste Diehl seine Karriere mit erst 29 Jahren als Sportinval­ide beenden. Er blieb dem 1. FC Kaiserslau­tern treu, als Jugendtrai­ner, Assistent von Otto Rehhagel und kurzzeitig­er Chef-coach. Auch in dieser Rolle hat er die Bayern mit dem 1. FC Kaiserslau­tern noch einmal 1:0 bezwungen.

ZDF

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Foto: imago Und wieder klaubt Bayern-torhüter Sepp Maier den Ball aus dem Netz. 4:7 verloren die Münchner am 20. Oktober 1973 in Kaiserslau­tern.Oberhof
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Ernst Diehl

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