Studie: Was ist mit den Schülern los?
3000 Augsburger Jugendliche nahmen an einer Umfrage teil. Es ging um ihre Ängste, um ihr Trinkverhalten und die Frage, wie sie zu Gewalt stehen. Zwei Stadtteile stachen bei ihren Antworten besonders hervor
3000 Augsburger Schüler haben jüngst an einer Befragung teilgenommen. Die Ergebnisse lassen aufhorchen. Denn über die Hälfte der befragten Jugendlichen (55 Prozent) gab an, dass sie im vergangenen Monat mindestens einen Tag die Schule geschwänzt hatten. 15 Prozent praktizieren regelmäßig „Komasaufen“, ein Drittel der Schüler zeige Anzeichen von Depressionen und Ängsten.
Die Studie geht auf einen Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2011 zurück. Damals hatte sich Augsburg für die Umsetzung einer Kommunalen Präventionsstrategie mit dem Titel „Communities That Care“(CTC) (Kommunen, die sich kümmern) entschieden. Diese Arbeitsmethode wurde in den USA in den 90er Jahren entwickelt und wird dort seither in Kommunen angewendet. „Es geht vor allem darum, eine sichere Stadt zu schaffen und ihren Bewohnern eine möglichst hohe Lebensqualität zu bieten“, erklärt Projektleiterin Janina Hentschel. Der Grundstein dafür werde letztendlich beim Aufwachsen junger Menschen gelegt. Durch die Arbeitsmethode könne dazu beigetragen werden, frühzeitig verschiedene Risikoverhaltensweisen zu verringern. Diana Schubert, Geschäftsführerin des Kommunalen Präventionsrates der Stadt Augsburg, hatte CTC auf einer Fortbildung in Niedersachsen kennengelernt. „Dort wurde die Strategie im Rahmen eines Modellversuchs von 2009 bis 2012 erfolgreich auf seine Übertragbarkeit in Deutschland getestet“, sagt Hentschel. Seither ist sie im Landespräventionsrat angesiedelt und steht allen Gemeinden, Städten und Landkreisen des Bundeslandes zur Verfügung. Zwölf Kommunen arbeiten mit dieser Methode.
In Bayern ist Augsburg die einzige, die sich dafür entschieden hat. Es war kein leichter Weg. „Für die Schülerbefragung haben wir die Ge- des Landtags gebraucht. Es hat zwei Jahre gedauert, bis wir sie bekamen, weil die Landtagsabgeordneten so große Bedenken und immer neue Rückfragen hatten“, erzählt Janina Hentschel. Nachdem die Stadt das Okay für die Umfrage bekam, wurde eine Zielgruppe ausgewählt: Dabei wurden schulartenübergreifend alle Schüler der Jahrgangsstufen 6, 8 und 10 – in manchen Schulen auch Schüler der 9. Klassen – befragt; Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 15 Jahren im Schnitt. An der freiwilligen Befragung hätten 7500 Schüler teilnehmen können – schließlich beantworteten 3000 Schüler den Frageborgen, was einem guten Rücklauf entspricht.
Die ermittelten Zahlen zeigen Handlungsbedarf. Knapp 30 Prozent der befragten Schüler konsu- mieren Bier und Biermischgetränke, über 20 Prozent Tabakwaren. Der Konsum von harten Drogen wie Kokain liegt bei zwei Prozent. Immerhin sieben Prozent der befragten Schüler gab an, weiche Drogen wie Marihuana zu konsumieren. Erfahrungen mit Gewaltanwendungen sind rund einem Fünftel der Befragten nicht fremd. Die Kinder und Jugendlichen nannten in diesem Zusammenhang vor allem Prügeleien (22 Prozent) und Vandalismus (19 Prozent). Sieben Prozent trugen bereits eine Waffe bei sich, 14 Prozent haben schon einmal einen Ladendiebstahl begangen.
Eine Aussage, ob die Augsburger Kinder und Jugendlichen nun besonders auffällig sind, kann Janina Hentschel nach Auswertung der Umfrage noch nicht treffen. „Um die Ergebnisse einordnen zu könnehmigung nen, müssen die Daten mit den Ergebnissen anderer Kommunen verglichen werden.“Sie stehe in Kontakt mit Braunschweig und dem schwedischen Malmö, die sich aufgrund der Bevölkerungszahlen und der Art der Umsetzung mit Augsburg vergleichen lassen. Daneben müssten die Ergebnisse hinterfragt werden. „Aufgrund von gesellschaftlichem Druck nehmen Depressionen bei Kindern und Jugendlichen zu. Allerdings gehören Ängste und Selbstzweifel in dem Jugendalter der Pubertät auch ein Stück weit dazu.“Das müsse bei der Einordnung der Studie berücksichtigt werden. Genauso dürfe nicht vergessen werden, dass die sieben Prozent, die bereits eine Waffe bei sich trugen, vielleicht einmal ein Messer bei sich hatten, so Hentschel.
In einem nächsten Schritt
sollen die Ergebnisse mit Personen aus den Stadtteilen (Schulen, Kindergärten und Institutionen) besprochen, passende Präventionsstrategien erarbeitet und Maßnahmen gewählt werden. Das Hochfeld und das Wolfram- und Herrenbachviertel waren die Stadtteile, die bei der Statistik besonders hervorstachen. So gaben im Hochfeld über 40 Prozent der befragten Kinder und Jugendliche an, dass sie darüber nachdenken, ob ihr Leben wertlos sei und sie nichts taugten. Der städtische Durchschnitt liegt hier bei 34 Prozent. Die Umsetzung der Strategie CTC beginnt im Herrenbach, dann folgt das Hochfeld. „Die Oberhauser Kinder und Jugendlichen schnitten übrigens unauffällig ab. Da sieht man mal, wie stigmatisiert manche Stadtteile sind“, sagt Janina Hentschel.