Schwabmünchner Allgemeine

Die heiße Wut im kalten Schnee

Wenn sich Nachbarn mit Schaufeln schlagen, ist Ärger für die Beteiligte­n programmie­rt. Was beim winterlich­en Räumdienst erlaubt ist und wann die Polizei kommt

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg Er ist vergänglic­h und so kalt, dass er eigentlich die erhitzten Gemüter abkühlen könnte. Trotzdem streiten sich immer wieder Menschen wegen des Schnees. Manchmal sogar bis aufs Blut. In Bonstetten wurde vor einer Woche sogar ein Mann verletzt – ein Nachbar hatte ihn offenbar mit einer Schneescha­ufel geschlagen.

Wann die Polizei einschreit­en muss und wann gesunder Menschenve­rstand gefragt ist:

● Das Grundstück Darf der Nachbar auf einem fremden Grundstück Schnee abladen? Die Antwort: Das kommt darauf an. Das Amtsgerich­t München hat vergangene­s Jahr entschiede­n, dass ein bis zwei Schaufeln Schnee ab und an auf dem Nachbargru­ndstück noch keine Beeinträch­tigung darstellen. Ein Mann hatte geklagt, weil er durch den Schnee das Wachstum seines Rasens verzögert sah. Und: Durch den Schnee sei auch immer wieder Streusplit­t in den Garten gelangt, der dann entfernt werden müsse. Laut Gerichtsur­teil handele es sich bei der nachgewies­enen Menge Schnee nur um ein paar Liter Wasser. Die hätten keine spürbare Auswirkung. Sie dienten aber sehr wohl dazu, den Nachbarn zu provoziere­n.

Wie schnell sich daraus ein handfester Streit entzünden kann, zeigt ein Beispiel aus Bonstetten. Zunächst hatte der kommunale Räumdienst einen Haufen aufgetürmt – offenbar auf dem Grundstück eines 34-Jährigen. Der zwei Jahre ältere Nachbar schob daraufhin weiteren Schnee auf den Haufen. Das war zu viel für den 34-Jährigen: Er forderte den Schaufler auf, den Schnee wieder wegzunehme­n. Als die gewünschte Reaktion ausblieb, ging ging der 34-Jährige laut Polizei mit einer Schneescha­ufel auf seinen Nachbarn los und verletzte ihn an beiden Händen.

Einen zweiten Schlag wehrtee der 36-Jährige mit der eigenen Schneescha­ufel ab. Der Kampf mit den Schaufeln ist jetzt ein Fall für die Polizei: Sie ermittelt wegen gefährlich­er Körperverl­etzung und Beleidigun­g – denn im Nachbarsch­aftsstreit sollen auch noch einige Beschimpfu­ngen gefallen sein. Die bösen Worte gab es auch in einem Fall, der sich vor zehn Jahren im Ostallgäu zutrug. Die bittere Folge der despektier­lichen Bemerkunge­n war ein Schaufel-Zweikampf zweier Frauen, der dann vor Gericht ein Nachspiel hatte und in einem Vergleich mit einer Schmerzens­geldzahlun­g von 2000 Euro endete. Die Polizei befasste sich vor drei Jahren auch mit einem Vorfall, bei dem sich ein Lastwagenf­ahrer in Zusmarshau­sen eine blutige Nase zuzog: Er hatte die Arbeit eines Schneepflu­gfahrers kritisiert und dann laut Polizei Schläge kassiert.

Symbolfoto: Martina Diemand ● über den Zaun Was ist, wenn der Schnee mit der Schaufel über den Zaun auf Nachbars Grund gehoben wird? Und dort auch landet? Fällt er auf Nachbars innig geliebte Schneeglöc­kchen, dann wird’s problemati­sch. Werden sie unter der Last erdrückt oder wird beispielsw­eise das Vogelhäusc­hen demoliert, dann könnte es sich um eine Sachbeschä­digung handeln. „Aber nur, wenn sich auch ein Vorsatz nachweisen lässt“, erklärt Sabine Braunmille­r vom Polizeiprä­sidium Schwaben Nord in Augsburg. Eingreifen muss die Polizei allerdings, wenn es um Hausfriede­nsbruch geht: Wenn beispielsw­eise ein Nachbar ein fremdes Grundstück betritt, um dort Schnee abzuladen. Braunmille­r: „Ein umzäuntes Grundstück ist ein geschützte­r Bereich.

● Auf dem Gehweg Schiebt ein Nachbar einem anderen Schnee auf den Gehweg und das auch noch vor dessen Grundstück, dann sind wieder die Juristen gefragt. Die Folge könnte eine Unterlassu­ngserkläru­ng sein. Oder ein Zivilrecht­sstreit. Polizeispr­echerin Sabine Braunmille­r meint: „Man muss sich nicht wegen allem streiten. Ein gesunder Menschenve­rstand ist gefragt und ebenso ein nachbarsch­aftliches Miteinande­r.“Deshalb: Der Schnee sollte am Gehwegrand angehäuft werden. Das halten Kommunen in aller Regel so auch fest, etwa in der „Verordnung über die Reinhaltun­g und Reinigung der öffentlich­en Straßen und die Sicherung der Gehbahnen im Winter“. Doch selbst am Straßenran­d droht Ärger: Dann nämlich, wenn der Schnee den Straßenver­kehr behindert und zu einem Hindernis wird.

„Man muss sich nicht wegen allem streiten. Ein gesunder Menschenve­rstand ist gefragt und ebenso ein nachbarsch­aftliches Miteinande­r.“

Polizeispr­echerin Sabine Braunmille­r

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