Foodwatch will Hygienesünder enttarnen
Essen Die Organisation startet ein neues Portal über die Sauberkeit von Gaststätten oder Bäckereien. Dort sollen die Ergebnisse amtlicher Kontrollen öffentlich einsehbar sein
Augsburg Es muss nicht so weit kommen wie in einem Gasthaus in Nördlingen. Der Betreiber stand Ende vergangenen Jahres vor Gericht, weil sich verdorbenes Essen in seiner Küche fand. Aber auch wenn ein Großteil der Lebensmittelbetriebe sauber arbeitet, gibt es immer wieder Problemfälle. Diese fallen oft den behördlichen Lebenmittelkontrolleuren auf, die Verbraucher aber sind meist ahnungslos. Das will die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch ändern.
Foodwatch stellte am Montag zusammen mit der Transparenz-Initiative „Frag den Staat“ein neues Internet-Portal vor, mit dessen Hilfe sich Verbraucher ein Bild über die Zustände in Lebensmittelbetrieben machen können. Unter dem Namen „Topf Secret“geht es um Infos zum Beispiel über Gaststätten, Bäckereifilialen oder Tankstellen mit Essenstheke. Um praktisch einen Blick in den Topf zu erhaschen, will das Portal helfen, von den Behörden Auskunft über Hygienekontrollen in einem bestimmten Betrieb zu erhalten.
Wer mitmacht, wählt in einem ersten Schritt unter www.topf-secret.foodwatch.de auf einer OnlineKarte den Betrieb aus, für den er sich interessiert, zum Beispiel ein Restaurant. Das Portal sendet dann eine automatische Anfrage an die zuständige Behörde und fordert die Kontrollergebnisse an, berichtet Sprecherin Sarah Häuser. Gesetzliche Grundlage sei das Verbraucherinformationsgesetz. Nach ein paar Wochen seien die Auskünfte der Ämter zu erwarten. In einem zweiten Schritt sollen die Antragsteller die amtlichen Dokumente auf der Plattform hochladen – ab da wären sie für jeden einsehbar.
Foodwatch gibt zu, mit der Plattform Druck auf die Bundesregierung ausüben zu wollen: „Kakerlaken in der Backstube, Schimmel im Lieblingsrestaurant, ekelerregende Zustände in der Wurstfabrik – die zuständigen Behörden wissen genau, in welchem Unternehmen geschlampt wird“, teilt Oliver Huizinga von Foodwatch mit. „Die Ver- braucher erfahren das in der Regel aber nicht, nur Ausnahmefälle müssen veröffentlicht werden“, sagt er. „Mit dieser Geheimniskrämerei schützt die Bundesregierung die Schmuddelbetriebe auf Kosten der Verbraucher und der vielen sauber arbeitenden Unternehmen“, meint Huizinga. Er gibt zu, dass der Großteil der Betriebe ohne Auffälligkeiten arbeite. Doch die Quote behördlich beanstandeter Betriebe liege zwischen 23 und 25 Prozent – „und sie geht auch nicht runter“, bemängelt Sprecherin Häuser.
Ziel von Foodwatch ist ein System, das den Verbrauchern bereits an der Gasthof-Türe signalisiert, wie es um die Hygiene bestellt ist. Auf diese Lösung arbeitet die Organisation hin. In Dänemark beispielsweise würden Smileys Auskunft geben. Lacht der Smiley, ist es sauber. Wenige Jahre nach der Einführung der Bewertungen im Jahr 2002 habe
Nach ein paar Wochen soll es Auskunft geben
Gaststättenverband übt scharfe Kritik
sich dort die Zahl der beanstandeten Betriebe von 30 auf rund 15 Prozent halbiert. „Von solch einer Lösung in Deutschland würden auch alle sauber arbeitenden Betriebe hierzulande profitieren, die Geld in Hygiene investieren, ohne dass dies bisher honoriert wird“, sagt FoodwatchSprecherin Häuser.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht dies ganz anders und kritisierte das Projekt scharf. „Die Initiative für einen Mitmach-Internetpranger hat nichts mit Verbraucherschutz zu tun, sondern ist reinster Populismus“, sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges unserer Zeitung. Eine solche Plattform sei aus Sicht des Verbandes „in höchstem Maße rechtlich fragwürdig“, meint sie. „Gastronomen dürfen nicht leichtfertig und zu Unrecht an den öffentlichen Pranger gestellt werden, durch den ihre berufliche Existenz und Arbeitsplätze gefährdet werden“, fügt sie an.
Veröffentlichungen über Hygienemängel, argumentiert der Verband, dürften nur seitens der Landesbehörden in den gesetzlich zugelassenen Grenzen erfolgen. „Das ist originäre Aufgabe des Staates und nicht von Foodwatch“, sagt Hartges.