Dass es in der katholischen Kirche zum Missbrauch von Nonnen kommt, räumte auch Papst Franziskus ein.
lesen. Strikter Gehorsam war oberstes Gebot, Selbstaufgabe das Ziel. Das sei von Gott so gewollt, hieß es.
Sie verlor ihr Selbst, ihr „Ich“war nicht mehr greifbar. In dieser Situation geschah der massive Übergriff des Priesters, so Reisinger. „Ich war ein leichtes Opfer.“Als sie sich entschloss, in die geistliche Gemeinschaft einzutreten, sei sie noch kein gefestigter Mensch gewesen, leicht beeinflussbar – „wie viele Menschen zwischen 15 und Anfang 20“. Sie hätte sich jemanden gewünscht, der sie damals geschützt hätte, der geschaut hätte, worauf sie sich einlässt. Es müsse Kontrollmechanismen in der katholischen Kirche geben, sagt sie.
Ihr ist klar: „Man wird nie verhindern können, dass junge Menschen anfällig sind für solche Strukturen, für solche Gruppen und Ideologien.“Denn in diesem Alter gehe man gerne Risiken ein, das sei „entwicklungspsychologisch so ange- legt“, sagt Doris Reisinger. Seit 2003 gehörte sie zu der zwei Jahre zuvor vom Papst anerkannten Kongregation, acht Jahre später begann ihr heutiges, selbstbestimmtes Leben. 2014 machte sie ihre Geschichte öffentlich. 2018 schrieb die heute 35-Jährige einen bemerkenswerten Aufsatz zum sexuellen Missbrauch an Ordensfrauen, überschrieb ihn mit #NunsToo.
Ihr großes Glück, dieser für sie unheilvollen Situation zu entrinnen, sei für sie eine Verpflichtung, darüber zu reden, andere zu warnen, zu analysieren, Wege aufzuzeigen, Forderungen an die Institution Kirche zu stellen. Aber der Schritt, in die Öffentlichkeit zu gehen, geschah zunächst mit dem „Mut der Verzweiflung“. Das habe viel Kraft gekostet. Sie wusste, in die Ordensgemeinschaft würde das nicht hineindringen.
Im „Werk“wurden ihr damals, als sie mit der Oberin über ihre Ver-