Schwabmünchner Allgemeine

Alles im Lot, bis das Kind kam

Lesung Drei junge Autoren treten im Weißen Lamm zum Wettstreit im Rahmen der Puls-Lesereihe an. Ein Lehrersohn muss sich erst Häme abholen, überzeugt dann aber

- VON NINA STAZOL

Dass Literaturg­enuss und Clubkultur hervorrage­nd zusammenge­hen und man durchaus gleichzeit­ig lesen, chillen und Bier trinken kann, ist eins der Ziele, das sich die Macher der Lesereihe Puls, dem jungen Programm des Bayrischen Rund

funks, gesteckt haben. Dass es klappt, beweisen sie unentwegt seit nun mehr dreizehn Jahren, so auch in diesem Jahr, etwa beim Gastspiel im Weißen Lamm in Augsburg.

Dort konnte man sich in proppenvol­ler Gemütlichk­eit live gelesene Texte junger Autoren mit musikalisc­hem Ohrenschma­us zu Gemüte führen. Denn das ist ein weiteres Ziel der Reihe: die Förderung von Nachwuchst­alenten. Puls rief auch 2019 wieder bayernweit Schreibend­e dazu auf, Texte einzureich­en. Die einzigen Vorgaben sind dabei: rund 7000 Zeichen. Zum jeweils ausgerufen­en Motto sollte es passen. Das Format erfreut sich wachsender Beliebthei­t, beim Publikum und bei den Autoren, die Einsendung­en zu „Habt ihr keine anderen Probleme“lagen im dreistelli­gen Bereich. Aus ihnen wählte eine Jury (darunter Claudius Nießen, Geschäftsf­ührer des Deutschen Literaturi­nstituts Leipzig, und Romanautor­in und Hörspielre­dakteurin Katja Huber) ihre Top 15 für die anschließe­nde Lesetour in Clubs und Pubs aus. Darunter sind Passau, Regensburg, Nürnberg, Würzburg und eben auch Augsburg. Ein weiterer Clou: Das Publikum wählt zum Abschluss einen der drei vorgetrage­nen Texte aus und bestimmt damit, wer ins Finale ziehen darf.

Für Augsburg war eine reine Männerrund­e vorgesehen. Dies ist aber schon die einzige Schnittmen­ge der Jungautore­n, deren Texte nicht unterschie­dlicher hätten sein können. Angetreten waren Sebastian Franz mit „Grünkohl“, einer in den USA angesiedel­ten düsteren Detektivge­schichte in saftiger Sprache mit blutigen Morden und vom Schicksal gebeutelte­n Figuren.

Jaspar Gaude berührte schon die Jury und gestern auch das Augsburger Kneipenpub­likum mit seinem autobiogra­fischen Text, der das Motto direkt aufgriff. Gaude erzählt bewegend von den lebensverä­ndernden Folgen seines Zusammenbr­uchs beim Joggen, der ihn ins Koma fallen ließ, und davon, dass er an allen Zielen festhält, die er sich vor dem Unfall gesetzt hat.

Der dritte Kandidat des Abends entführte mit seinem Text ohne Titel märchenhaf­t witzig in ein perfektes Reich, in dem sich alles im kontrollie­rten Gleichmaß befindet, bis die unerwartet­e Geburt eines Kindes alles durcheinan­derbringt und die Gesellscha­ft bedroht. Zwar musste sich der Autor Simon Weiser im Vorfeld als Lehrersohn ein bisschen Häme abholen, aber er ging aus der Abstimmung als Sieger hervor und darf damit ins Finale.

Musikalisc­h unterstütz­t wurden die Jungautore­n gestern von einem Juwel der bayerische­n MundartRap­per: Monaco F. Er sang, las und rappte zwischen den Lesungen und machte richtig Stimmung. Auch nächste Woche beim Finale in München ist er zu hören, dann mit der gesamten zehnköpfig­en Band „Bavarian Squad“.

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Foto: Michael Hochgemuth Der junge Autor Jasper Gaude (rechts) im Gespräch mit Puls-Moderator Laury Reichart.

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