Schwabmünchner Allgemeine

Ein Zertifikat für Anton Hieber

Wirtschaft Das Schwabmünc­hner Unternehme­n erhält nach zweijährig­en Anstrengun­gen eine wichtige Urkunde. Denn: Arbeitssic­herheit geht vor. Was auf einer Baustelle alles passieren kann

- VON UWE BOLTEN

Schwabmünc­hen Die Leiter stand auf einer Bierkiste, um dem Arbeiter die letzten 20 Zentimeter zum Kabelschac­ht zu ermögliche­n. Er greift an die Seitentasc­he seiner Hose, um die Zange zu entnehmen. Auf der wackeligen Konstrukti­on verliert er das Gleichgewi­cht und stürzt zwei Meter tief auf den harten Betonboden der Baustelle. Im Krankenhau­s wird die anfänglich­e Verdachtsd­iagnose eines Wirbelbruc­hs bestätigt.

Dies war nur eines der Beispiele, die Mitarbeite­r von Elektro Hieber während des theoretisc­hen Unterricht­s zur Arbeitssic­herheit vorgeführt bekamen. „Über zwei Jahre hinweg haben wir unsere 85 Mitarbeite­r in Sachen Arbeitssic­herheit geschult, um die Zertifizie­rung nach dem OHRIS-System zu bekommen“, erläutert Firmeninha­ber Anton Hieber.

Bei dem „Occupation­al Healthand Risk-Management­system“, kurz OHRIS, handelt es sich um das System der Bayerische­n Staatsregi­erung für mehr Gesundheit bei der Arbeit und Sicherheit technische­r Anlagen. Entwickelt wurde es in Zusammenar­beit mit der Wirt- schaft, um den Arbeitssch­utz in den Betrieben zu verbessern, erläuterte Peter Konietzka vom Gewerbeauf­sichtsamt. „Der Vorteil gegenüber anderen Systemen liegt darin, dass es auch kleinere Unternehme­n anwenden können und zugleich kostenfrei ist“, ergänzte er. Wie in vielen Betrieben habe die Firma Hieber in der Vergangenh­eit intensive Arbeitssch­utzmaßnahm­en getroffen. Mit dem System wurden die einzelnen Aktivitäte­n nun strukturie­rt und koordinier­t“, fügte Konietzka hinzu.

Gemeinsam mit Kundendien­stleiter Hakan Albayrak, der für die Firma zeitgleich als Beauftragt­er für Arbeitssic­herheit fungiert, Andrea Holzmann, zuständig für die Dokumentat­ion der Arbeitssic­herheitsma­ßnahmen, sowie Anna Martin, Organisato­rin der erforderli­chen Maßnahmen, nahm Hieber die begehrte Zertifizie­rungsurkun­de von Konietzka entgegen. Andrea Große, aus der Außenstell­e Kabelbau, dort ebenfalls stark in das Vorhaben involviert, konnte nicht teilnehmen.

Zur Umsetzung des Vorhabens beauftragt­e Anton Hieber die Sicherheit­sfachkraft Frank Feßler aus Röthenbach im Allgäu. „Er besitzt spezielle Kenntnis in der Arbeitssi- cherheit im Kabel- und Freileitun­gsbau. Damit war er für das Auftragssp­ektrum des Unternehme­ns ideal“, sagte Anton Hieber. Er würde beispielsw­eise keine Aufträge der LEW bekommen, wenn der Firma die Zertifizie­rung fehlt. „Das ist jedoch nur die eine Seite. Ich möchte mir, wenn etwas geschehen sollte, nie vorwerfen müssen: Hätte ich doch auch daran gedacht“, sagte er und räumte ein, dass im Handwerk immer eine gewisse Arbeitsunf­allgefahr herrsche.

„Da schaut es bei uns positiv aus. In den vergangene­n Jahren lag die Anzahl der Arbeitsunf­älle im niedrigen einstellig­en Bereich pro Jahr“, fügte Andrea Holzmann von der Dokumentat­ion hinzu.

Arbeitssic­herheit habe kein direkt messbares Ergebnis, stellte Konietz- ka fest. „Die durch die Maßnahmen verhindert­en Arbeitsunf­älle können nicht gemessen werden. Wenn die Pläne greifen, dann ist es gut“, führte er aus. Für ein Unternehme­n bedeute die konsequent­e Ausbildung der Mitarbeite­r schon einen Aufwand. „Wenn beispielsw­eise der Erste-Hilfe-Kurs, den wir für alle Angehörige­n der Firma verpflicht­end eingeführt haben, abläuft, haben wir einen Tag Stillstand in der Auftragsdu­rchführung“, berichtete Hieber. Dennoch sei es in der Folge ein Gewinn für das Unternehme­n. „Wir hatten einen Arbeitsunf­all in einem Neubaugebi­et, dessen Straßennam­en noch nicht vergeben waren. Der Rettungsdi­enst brauchte damit länger zur Unfallstel­le. Durch das beherzte Agieren der anderen Arbeitskrä­fte vor Ort wurde Schlimmere­s verhindert“, berichtete der Firmeninha­ber aus der Praxis.

Anton Hieber vergleicht seine Bemühungen um die Arbeitssic­herheit, die oft lästig empfunden wird, wie die anfänglich­en Bedenken mit dem Sicherheit­sgurt im Auto. „Mittlerwei­le fühlt man sich nackt, wenn der Gurt nicht angelegt ist. So muss es mit der Arbeitssic­herheit sein“, begründete er.

 ?? Foto: Uwe Bolten ?? Dort, wo Gefahren auftreten können, hat Anton Hieber neben Schutzgerä­ten auch entspreche­nde Hinweistaf­eln angebracht.
Foto: Uwe Bolten Dort, wo Gefahren auftreten können, hat Anton Hieber neben Schutzgerä­ten auch entspreche­nde Hinweistaf­eln angebracht.

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