Schwabmünchner Allgemeine

Demokratie in Flammen

Die Bibliothek der verbrannte­n Bücher

- VON GERLINDE KNOLLER

Während am Berliner Opernplatz am 10. Mai 1933 seine Bücher ins Feuer geworfen wurden, war der Dichter Erich Kästner Augenzeuge. Mögen im Frühjahr und Frühsommer des Jahres 1933 die Feuer in etwa 90 deutschen Städten die Werke von hunderten Autorinnen und Autoren aus Literatur, Philosophi­e, Publizisti­k und Wissenscha­ft verbrannt haben, es ist ihnen nicht gelungen, die Erinnerung zu tilgen. Dass die Bücher heute gelesen werden können, dazu hat der Sammler Georg Salzmann (1929–2013) beigetrage­n. Seit zehn Jahren bewahrt die Universitä­t Augsburg rund 8000 Bände einst verfemter Autoren, die sie von Salzmann angekauft hat. Augsburger Wissenscha­ftler und Wissenscha­ftlerinnen und die Universitä­tsbiblioth­ek haben das Buch „Die Bibliothek der verbrannte­n Bücher“über diese Sammlung herausgebr­acht (wir berichtete­n).

Anlässlich der Präsentati­on dieses Buches an der Universitä­t Augsburg sprach die Historiker­in Dr. Sofia Dafinger unter dem Titel „Demokratie in Flammen“über die Hintergrün­de und Akteure der NS-Bücherverb­rennungen. Stützen seien neben SA, SS und HJ nationalso­zialistisc­he Studenten gewesen. Schon vor dem 10. Mai 1933 hatten sie in einer „Aktion wider den undeutsche­n Geist“zu Professore­n-Boykotten aufgerufen, Titel zu verbrennen­der Werke veröffentl­icht und zur Beschlagna­hmung der verfemten Bücher in öffentlich­en Bibliothek­en und privaten Haushalten aufgerufen. Die Studenten passten sich der Ideologie des NS-Regimes an, das dem Pluralismu­s einer offenen Gesellscha­ft die Norm eines rassisch begründete­n Deutschtum­s entgegense­tzte.

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