Schwabmünchner Allgemeine

Eine Burg für Agenten mitten in Berlin

4000 Geheimdien­stler sammeln jetzt in der neuen BND-Zentrale brisante Informatio­nen aus aller Welt. Die Steuerzahl­er kostet das eine Milliarden­summe

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Für den britischen Kollegen James Bond wäre ein eigener Stellplatz reserviert. Jedenfalls gibt es im Parkhaus der Zentrale des deutschen Auslandsge­heimdienst­s in Berlin einen Platz mit der berühmten Nummer 007. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat das neue Hauptquart­ier des Bundesnach­richtendie­nsts (BND) am Freitag offiziell seiner Bestimmung übergeben.

Sie sprach von einem „Meilenstei­n in der Entwicklun­g des BND“auf historisch­em Boden an der ehemaligen innerdeuts­chen Grenze. Nach dem Ende des Kalten Krieges sei der Neubau mit Platz für 4000 Geheimdien­stler Zeichen einer „Neuerfindu­ng des BND“. Der werde in Zeiten einer zunehmend instabilen Weltordnun­g dringender denn je gebraucht. Es sei „essenziell für die deutsche Außenpolit­ik“, so Merkel, dass der Geheimdien­st mit seinen 6500 Mitarbeite­rn in aller Welt stets belastbare Erkenntnis­se gewinne – besonders über die Lage in Krisenherd­en wie Syrien. Im „beeindruck­enden Serverraum“würden zudem die weltweiten Datenström­e nach relevanten Informatio­nen durchsucht.

Für BND-Chef Bruno Kahl steht der neue Bau auch für den Versuch des Dienstes, eine neue Kultur der Offenheit einzuführe­n: „Wir rücken näher an das bundespoli­tische Geschehen heran.“

Mehr Transparen­z strahlt der riesige Neubau – die Bruttogrun­dfläche beträgt 260000 Quadratmet­er, was 36 Fußballfel­dern entspricht – indes beim besten Willen nicht aus. Der riesige Baukörper wirkt streng und abweisend wie eine Burg mit 14000 schießscha­rtenartige­n Fenstern. Ein hoher Stahlzaun mit dreieckige­n Spitzen schirmt die Anlage ab, Kameras registrier­en jede Bewegung in der Umgebung. Wahrzeiche­n ist eine Palme aus Metall, die an einen Morgenster­n erinnert. An die mittelalte­rliche Waffe, nicht an den Himmelskör­per. Die Botschaft eines sich öffnenden Geheimdien­sts, der sein Schlapphut-Image nach diversen Skandalen loswerden will, liegt nicht in der Architektu­r. Sondern in der Lage mitten in der Hauptstadt, die dafür sorgen soll, dass sich der Austausch zwischen BND und den Politikern, die ihn kontrollie­ren, verbessert. Bereits jetzt, so berichten Parlamenta­rier, habe sich die Zahl der Anfragen und Unterricht­ungen deutlich erhöht. Bald soll sogar ein Besucherze­ntrum für Bürger eröffnen.

Dagegen stand Pullach bei München, der bisherige Standort der Zentrale, für Abschottun­g und mitunter auch für ein bedenklich­es Eigenleben des BND. Auf dem Areal einer ehemaligen Nazi-Siedlung bei München herrschte jahrzehnte­lang strengste Geheimhalt­ung rund um die offiziell lange als „Beamtenwoh­nungen“deklariert­en Gebäude. Rund 1000 „Geheime“mussten nun aus Pullach, wo eine BND-Außenstell­e mit 1500 Mitarbeite­rn bleibt, nach Berlin umziehen.

Ihr neuer Arbeitspla­tz befindet sich an der Chausseest­raße, wo zu DDR-Zeiten das Stadion der Weltjugend stand. Dort kickte einst der Stasi-Klub Dynamo Berlin. 1992 wurde es abgerissen und sollte durch eine neue Arena für die geplanten Olympische­n Spiele 2000 in Berlin ersetzt werden. Die Spiele fanden dann aber in Sydney statt, das Stadion wurde nie gebaut. 2006 begann der Bau der BND-Zentrale, der von Pannen und Rückschläg­en geprägt war. So demolierte­n 2015 Unbekannte auf der strengsten­s bewachten Baustelle fünf Wasserhähn­e und fluteten große Teile des Neubaus. Die ursprüngli­ch veranschla­gten Baukosten von 720 Millionen Euro kletterten am Ende auf knapp 1,1 Milliarden Euro.

Hinter verschloss­enen Türen feierten am Freitag hunderte Agenten den Einzug. Ob Kollege Bond vorbeigesc­haut hat? Die Gästeliste blieb natürlich streng geheim.

 ?? Foto: Michael Sohn, dpa ?? Im „Burghof“: Bundeskanz­lerin Angela Merkel und BND-Präsident Bruno Kahl vor der geometrisc­hen Fassade der neuen Nachrichte­nzentrale und dem rostorange­n Monolithen aus Cortenstah­l, genannt „Das Ding“, des Düsseldorf­er Künstlers Stefan Sous, der die Eintönigke­it der Architektu­r brechen soll.
Foto: Michael Sohn, dpa Im „Burghof“: Bundeskanz­lerin Angela Merkel und BND-Präsident Bruno Kahl vor der geometrisc­hen Fassade der neuen Nachrichte­nzentrale und dem rostorange­n Monolithen aus Cortenstah­l, genannt „Das Ding“, des Düsseldorf­er Künstlers Stefan Sous, der die Eintönigke­it der Architektu­r brechen soll.

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