Seehofer rechnet mit Vorgänger de Maizière ab
Neuer Krach in der Union. Wer wollte Flüchtlinge wann kontrollieren?
Berlin/München Zwischen CDU und CSU bahnt sich möglicherweise ein neuer Krach um die Flüchtlingspolitik an. Gegenüber unserer Redaktion wies Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) den Vorwurf seines Vorgängers Thomas de Maizière (CDU) zurück, im Herbst 2015 hätten vor allem bayerische Politiker eine Registrierung von Flüchtlingen im Grenzgebiet abgelehnt. So wie die Darstellung von de Maizière von den Nachrichtenagenturen verbreitet worden sei, sei sie „objektiv falsch“, betonte der Innenminister und frühere CSU-Chef. Mehr wollte er dazu nicht sagen, sagte Seehofer, fügte aber als Erklärung noch hinzu: „Es gehört zum guten Stil, dass ein amtierender Minister nicht die Politik seines Vorgängers öffentlich bewertet. Das Umgekehrte ist aber auch ratsam.“
Der Passauer Landrat Franz Meyer (CSU) zeigte sich „schockiert“über die Äußerungen de Maizières. „Das ist eigentlich eine Unverschämtheit gegenüber denen, die damals an der Grenze für Ordnung gesorgt haben“, sagte Meyer unserer Redaktion. Allein an der deutsch-österreichischen Grenze entlang des Landkreises Passau seien damals bis zu 8000 Flüchtende pro Tag angekommen. Unterstützung vom Bund habe es für die Kommunalpolitiker vor Ort zunächst nicht gegeben. „Berlin war immer zu spät dran.“Mit Fragen der Registrierung seien Kommunalpolitiker nie konfrontiert worden. „Das ist nicht Sache der Kommunalpolitik, sondern des Bundes.“
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) äußerte sich dagegen positiv zur Aufarbeitung der Migrationspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Wir führen keine Debatten der Vergangenheit wie die SPD, sondern wir gehen in die Zukunft“, sagte er. Insgesamt stehe man mit einer vernünftigen Lenkung, Steuerung und Begrenzung der Flüchtlingsbewegungen heute wesentlich besser und erfolgreicher da als vor drei Jahren.
Trotzdem will die CDU ihre Asylpolitik verschärfen. „Wir müssen alles daransetzen, dass sich so etwas wie 2015 nicht wiederholt“, sagte CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer nach dem „Werkstattgespräch“. „Wir müssen deutlich machen: Wir haben unsere Lektion gelernt.“Ein „Migrationsmonitoring“soll nach dem Willen der Parteiführung künftig früh auf „Migrationsbewegungen und entstehende Brennpunkte“hinweisen.
Kramp-Karrenbauer bekannte sich zum individuellen Asylrecht. Sie betonte aber auch, dass jenen, die diesen Schutz ausnutzten, ein klares Signal gesetzt werde: „Wir sind kein Rechtsstaat, der sich auf der Nase herumtanzen lässt.“Dazu sollen laut Schlusspapier unter anderem gehören: die Stärkung des EU-Grenzschutzes, die Ausweitung der sicheren Herkunftsländer, die Schaffung von mehr Abschiebehaftplätzen
Auch zwischen CDU und SPD knirscht es
und verstärkte Integrationsbemühungen. Wer gegen einen ablehnenden Asylbescheid klagt, soll zudem weniger Instanzen zur Verfügung haben.
Die Sozialpläne der SPD will die CDU im Koalitionsausschuss an diesem Mittwoch zur Sprache bringen. „Vor dem Verteilen kommt für uns das Verdienen“, betonte Generalsekretär Paul Ziemiak. Das „Bürgergeld“, das die SPD anstelle von Hartz IV einführen will, setze genau den gegenteiligen Anreiz. „Derjenige, der etwas leistet und einer Arbeit nachgeht, soll mehr haben als der, der nicht arbeitet.“Überdies sei das Konzept nicht finanzierbar und entspreche nicht dem Koalitionsvertrag.
Wie es nach den Klausuren von CDU und SPD um die Große Koalition steht, erfahren Sie im Kommentar und in der Politik.