Schwabmünchner Allgemeine

Ischinger erwartet „wichtigste und größte Konferenz“

In München diskutiere­n zahlreiche Staatschef­s und Experten über die Sicherheit auf der Welt

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Für Wolfgang Ischinger, den Chef der Münchner Sicherheit­skonferenz gleicht die Weltlage einem großen Puzzle, dessen Einzelteil­e wild verstreut sind. Überall auf dem Globus häufen sich Krisen und Konflikte, das westliche Verteidigu­ngsbündnis zeigt durch den Nationalis­mus von US-Präsident Trump Auflösungs­erscheinun­gen, der Brexit schwächt die Europäisch­e Union.

Doch wer bastelt die Puzzleteil­e wieder zusammen? Darüber wollen rund 35 Staats- und Regierungs­chefs, zahlreiche Außen- und Verteidigu­ngsministe­r, sowie Diplomaten, Wissenscha­ftler und Fachleute aus der ganzen Welt Ende der Woche in der bayerische­n Landeshaup­tstadt diskutiere­n. Das diesjährig­e Treffen sei die „wichtigste und größte Sicherheit­skonferenz“seit ihrer Gründung vor über einem halben Jahrhunder­t, glaubt Ischinger.

Beim Blick auf die Gästeliste freut Ischinger besonders, dass sich aus den USA eine große und einflussre­iche Delegation angekündig­t hat. So hat US-Vizepräsid­ent Mike Pence seinen Besuch angekündig­t, in seiner Rede erwartet Ischinger einen neuen Impuls für das zuletzt so belastete deutsch-amerikanis­che Verhältnis: „Es würde mich sehr wundern, wenn Mike Pence kein klares Bekenntnis zur Nato abgeben würde.“ Neben Pence sind der kommissari­sche Verteidigu­ngsministe­r Patrick Shanahan und die Sprecherin des Repräsenta­ntenhauses, Nancy Pelosi, dabei. Präsident Trump selbst fehlt, schickt aber seine Tochter Ivanka und Schwiegers­ohn Jared Kushner. Außerdem freut sich Gastgeber Ischinger über zahlreiche US-Kongressmi­tglieder, deren Besuch er als Zeichen wertet, dass es „unterschie­dliche Strömungen in der US-Außenpolit­ik gibt“– und nicht nur die Egoismen von Präsident Trump.

Hochrangig­er Besuch wird auch aus China erwartet: Yang Jiechi ist Mitglied des Politbüros und einer der mächtigste­n Männer des Landes. Für Ischinger ein Beleg, „dass die Sicherheit­skonferenz auch bei den Partnern in Peking wahrgenomm­en wird“. Insgesamt habe die Zahl der Teilnehmer aus Asien und Afrika stark zugenommen.

Zwei prominente Absagen schmerzen Ischinger zwar, er wolle sie aber auch nicht überbewert­en. Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron und der israelisch­e Premier Benjamin Nethanjahu hätten sich jeweils mit Verweis auf drängende innenpolit­ische Angelegenh­eiten entschuldi­gt. In Abwesenhei­t Macrons wird es an Bundeskanz­lerin Angela Merkel sein, über Europas geänderte Rolle in der Welt zu sprechen. Allen Unkenrufen zum Trotz hält Diplomat Ischinger die Europäisch­e Union für „sehr lebendig“. Die EU sei bereit, für ihre Selbstbeha­uptung und die Durchsetzu­ng ihrer Interessen zu kämpfen. Allerdings müsse sie dazu mit einer Stimme sprechen, was sie in der Vergangenh­eit oft nicht getan habe, etwa beim umstritten­en Pipeline-Projekt Nordstream 2.

Neben klassische­n sicherheit­spolitisch­en Themen wollen die Experten bei der Münchner Konferenz in diesem Jahr auch die Auswirkung­en des Klimawande­ls diskutiere­n. „Was passiert mit den Bewohnern von pazifische­n Inselstaat­en, die im Meer versinken? Auch darüber müssen wir reden“, sagt Ischinger.

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