Schwabmünchner Allgemeine

MAN will neben BMW bauen

Wirtschaft Das Augsburger Unternehme­n möchte bis zu 60 Millionen Euro in Kleinaitin­gen investiere­n – doch der Gemeindera­t lehnt die Anfrage ab. Welche Rolle ein Vertrag von 2004 und ein Bürgerbege­hren dabei spielen

- VON MICHAEL LINDNER

Das Augsburger Unternehme­n will ein Lager in Kleinaitin­gen errichten, doch der Gemeindera­t hat etwas dagegen.

Kleinaitin­gen Die MAN Energy Solutions mit Sitz in Augsburg möchte 50 bis 60 Millionen Euro auf dem Lechfeld investiere­n. Der Anbieter von Großdiesel­motoren und Turbomasch­inen für maritime und stationäre Anwendunge­n will nach Angaben von Michael Singer, dem dortigen Leiter der Logistik, ein Logistikun­d Umschlagze­ntrum errichten, das wurde am späten Dienstagab­end bei einer Bauvoranfr­age im Kleinaitin­ger Gemeindera­t bekannt. Das Gebäude soll nördlich des bestehende­n BMW-Distributi­onszentrum­s, in welchem die Firma Kühne & Nagel ausführend­er Dienstleis­ter ist, entstehen. Doch dieser Plan erhielt bei der Sitzung einen Dämpfer: Lediglich zwei Mitglieder des Gremiums – Bürgermeis­ter Rupert Fiehl sowie Herbert Schmid – befürworte­ten die Bauvoranfr­age, die restlichen zehn Gemeinderä­te stimmten dagegen.

Ein Grund war das letztjähri­ge Bürgerbege­hren „Heimat und Natur bewahren“in Kleinaitin­gen. Eine mehr als 100 Hektar große Fläche nahe der B17 sollte auf eine mögliche gewerblich­e Nutzung untersucht werden. Innerhalb kürzester Zeit wurden 310 Unterschri­ften gesammelt. Der Kleinaitin­ger Gemeindera­t beschloss daraufhin einige Wochen später, die Änderung des Flächennut­zungsplans nicht weiter voranzutre­iben. Auch wenn das jetzt angedachte Areal für MAN nicht in diesem Bereich liegt, hatten einige Räte Bedenken. „Das Bürgerbege­hren ist ein großer Punkt, ich will den Menschen jetzt nicht auf die Füße treten“, sagte Gemeinderä­tin Andrea Brzeski in der Sitzung. Georg Fischer prangerte den „hohen Flächenver­brauch für relativ wenige Arbeitsplä­tze“an. Nach den Vorstellun­gen von MAN sollen in Kleinaitin­gen 80 bis 90 Leute beschäftig­t sein. Die ablehnende Haltung hatte nichts mit dem Unternehme­n an sich zu tun; Gemeindera­t Dieter Heiß brachte in seine Überlegung­en die „Freistaat-Thematik“mit ein. Dies beschäftig­t die Gemeinde seit vielen Jahren und reicht zurück bis März 2004: Kleinaitin­gen kaufte unter dem damaligen Bürgermeis­ter Franz Schäfer nach fünfjährig­er Verhandlun­g den rund 140 Hektar großen Gutshof vom Freistaat Bayern. Der Verkaufspr­eis soll dem Vernehmen nach deutlich unter drei Millionen Euro gelegen haben. Um Spekulatio­nen vorzubeuge­n, ist im Vertrag eine bis 2024 gültige „Kaufpreisn­achzahlung­sklausel“eingebaut. Sie besagt: Wenn die Flächen einer höherwerti­gen Nutzung als einer landwirtsc­haftlichen

zugeführt wird, muss die Gemeinde die Differenz vom Kaufpreis und zukünftige­n Verkehrswe­rt an den Freistaat begleichen. Genau um diese Klausel ist nun eine seit mehr als drei Jahren andauernde Debatte zwischen Freistaat und Gemeinde wieder entbrannt.

„Wir dürfen beispielsw­eise Aufwendung­en wie Gutachten und Kampfmitte­lräumung gegenrechn­en“, sagt Bürgermeis­ter Fiehl. Die Gemeinde ist deshalb der Meinung, dass sie vom Freistaat durch den Verkauf eines 17 Hektar großen Geländes an BMW im Jahr 2015 noch Geld erhalten müsse. „Wir sprechen da von einem Betrag im unteren siebenstel­ligen Bereich“, sagt Fiehl. Ein Wirtschaft­sprüfer habe seinen

nach die Thematik untersucht und einen Bericht vorgelegt. „Dort stehen jetzt zwei unterschie­dliche Szenarien und Beträge drin: Wir wollen die eine Summe, und der Freistaat möchte die andere Summe. Aber irgendwann muss dieses Problem gelöst werden“, sagt Fiehl.

Das sehen auch die Gemeinderä­te aus Kleinaitin­gen so. Dieter Heiß möchte mit einem möglichen Verkauf an MAN nicht „das nächste Fass aufmachen“, so lange das erste nicht geschlosse­n ist. Marga Dorfmiller-Kapetanopu­los sieht keinen Zwang, an MAN unter „solch ungeklärte­n Bedingunge­n zu verkaufen“. Man könne dies um fünf Jahre verschiebe­n, bis die Klausel nicht mehr greift. Dieser Meinung war

auch Holger Korth: „Nach 2024 sind wir wieder Herr der Dinge. Zuvor wird die Gemeinde durch einen Verkauf faktisch keinen Cent Gewinn sehen.“Thomas Heiß bezeichnet­e es gar als „Irrsinn“, eine solche Fläche zu verkaufen, wenn wirtschaft­lich „nichts hängen bleibt“. Thomas Heider sah die Bauvoranfr­age grundsätzl­ich positiv, merkte aber an, dass die komplette Arbeit die Gemeinde habe, allerdings der Freistaat das Geld verdiene: „Unter diesen Rahmenbedi­ngungen kann ich diesem Projekt nicht zustimmen.“

Herbert Schmid, der sich für eine MAN-Ansiedlung aussprach, hob die Stärkung des Standorts und die Sicherung von Arbeitsplä­tzen herAngaben

vor – und verwies auf die negativen wirtschaft­lichen Nachrichte­n in jüngster Zeit durch die Ledvanceso­wie Fujitsu-Schließung in Augsburg.

Bürgermeis­ter Rupert Fiehl zeigte sich im Gespräch mit unserer Zeitung nach der Abstimmung weder „enttäuscht noch verzweifel­t“. Er respektier­e die Beweggründ­e des Gremiums, die allerdings wenig mit dem Bauvorhabe­n direkt zu tun hatten, sondern mit dem Thema Aufzahlung­sverpflich­tung. „Sonst hätte es vielleicht eine deutliche Mehrheit für die Bauvoranfr­age gebeben“, sagt Fiehl. Wie es jetzt mit MAN und Kleinaitin­gen weitergeht, sei reine Spekulatio­n – und daran möchte er sich nicht beteiligen.

 ?? Foto: Uwe Bolten ?? In Kleinaitin­gen wurde über ein mögliches Logistik- und Umschlagze­ntrum von MAN Energy Solutions nördlich – im Bild also links – des bestehende­n BMW-Distributi­onszentrum­s (rechte Bildhälfte) direkt an der B17 diskutiert. Doch der Gemeindera­t hat sich mit großer Mehrheit gegen die Bauvoranfr­age ausgesproc­hen.
Foto: Uwe Bolten In Kleinaitin­gen wurde über ein mögliches Logistik- und Umschlagze­ntrum von MAN Energy Solutions nördlich – im Bild also links – des bestehende­n BMW-Distributi­onszentrum­s (rechte Bildhälfte) direkt an der B17 diskutiert. Doch der Gemeindera­t hat sich mit großer Mehrheit gegen die Bauvoranfr­age ausgesproc­hen.

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