Ein Kämpfer auf und neben dem Platz Porträt
John McEnroe war einer der besten Tennisspieler der Welt und bekannt für seine Wutausbrüche. Jetzt wird er 60 – und auch dazu hat er eine klare Meinung
Bang, bang, I am the warrior.“Mit zerzausten Haaren, viel dunklem Lippenstift und noch dunklerem Lidschatten sang eine damals noch recht unbekannte Patty Smyth im Jahr 1984 diese Zeilen. Smyth – nicht zu verwechseln mit der elf Jahre älteren Rocksängerin Patti Smith – war die Frontfrau der Band „Scandal“.
Er war ein „Warrior“, ein Krieger – auf und neben dem Platz: Auf den Tennisplätzen dieser Welt spielte im selben Jahr einer, den man durchaus als Kämpfer bezeichnen kann, um die prestigeträchtigsten Titel der Tennisszene. Dass sie ihn später einmal heiratet, wusste Patty Smyth damals wahrscheinlich noch nicht. Bang, bang, Aufschlag, Netzposition und den Angriff mit einem Volley abschließen – klassisches Angriffsspiel, dafür war John McEnroe berühmt. Am Samstag wird der in Wiesbaden geborene Amerikaner 60 Jahre alt.
257 Wochen stand er auf Platz eins der Weltrangliste, 77 Einzeltitel und sieben Grand-Slam-Siege, davon drei in Wimbledon, holte McEnroe. Ein gefeierter Athlet – mit einer unangenehmen Seite: Er beschimpfte Schiedsrichter als Trottel, prägte den Satz: „You cannot be serious!“Auf Deutsch: „Das kann nicht Ihr Ernst sein!“
Aber auch auf dem Platz führte McEnroe einen erbitterten Kampf: Mit dem Schweden Björn
Borg verband ihn eine jahrelange Rivalität. Insgesamt spielten sie 14 Mal gegeneinander, jeder gewann sieben
Spiele. Der erste Sieg des US-Amerika- ners in Wimbledon beendete die fünfmalige Siegesserie Borgs. Als der Schwede 1983 zurücktrat, sagte sein Widersacher: „Wenn du deinen größten Gegner verlierst, verlierst du einen Teil deiner Selbst.“Sanfte Worte von McEnroe. Mittlerweile sind sie Freunde, die legendäre Rivalität wurde 2017 trotzdem verfilmt. McEnroe wurde in „Borg/McEnroe“von Shia LaBeouf gespielt – privat ebenfalls als Choleriker bekannt. Dem Porträtierten hatte – wie sollte es anders sein – der Film nicht gefallen. Sonst aber scheint er gegen Auftritte im Film nichts zu haben: Der Ex-Tennisprofi war mehrfach im Kino zu sehen, unter anderem als Hitzkopf in „Die Wutprobe“. Auch als Interviewer und Kommentator ist McEnroe scharfzün- gig und frech: Er forderte Rafael Nadal vor laufender Kamera auf, sein Shirt auszuziehen, nannte Serena Williams bestenfalls „eine Nummer 700“. Er selbst sehe sich und seine Wutausbrüche auf dem Weg der Besserung, sagte McEnroe in einem Interview. Die Wandlung sei auf die Ehe mit Patty zurückzuführen: „Es ist wie mit Rivalen – man macht sich gegenseitig besser.“Weniger schöne Worte fand McEnroe in seiner Autobiografie „Serious“für seine vorherige, von Drogen und Streit geprägte Ehe mit der Schauspielerin Tatum O’Neal.
Glückliche Ehe, Vater von insgesamt fünf Kindern, TV-Experte und Interviewer. Es läuft also eigentlich gut für den bald 60-Jährigen – zum Altern allerdings hat John McEnroe trotzdem eine klare Meinung: „Älter zu werden ist ätzend.“