Shell kauft Batteriehersteller Sonnen
Strom Wie ein Allgäuer Unternehmen den Energieriesen ein bisschen grüner machen soll
Wildpoldsried Vergleicht man große Konzerne mit kleinen Unternehmen, bemühen Experten gerne einen Vergleich: Global Player werden in diesem Szenario zu Öltankern, Start-ups zu wendigen Schnellboten. Selten passt dieses Bild so gut wie im Fall des britischen Energieriesen Shell und des Allgäuer Innovationstreibers Sonnen. Ab sofort soll die Deutschen Shell ganz exklusiv den schnellsten Weg durch die Herausforderungen eines sich massiv verändernden Energiemarktes zeigen: Wie die beiden Unternehmen am Freitag mitteilten, übernimmt Shell die Sonnen Gruppe. Die Allgäuer werden damit eine hundertprozentige Tochter des Ölkonzerns.
Die Firma Sonnen aus Wildpoldsried gilt in Deutschland und einigen anderen Ländern als Marktführer von Stromspeichern für Privathaushalte und kleine Betriebe. 2010 gründete Christoph Ostermann mit zwei Geschäftspartnern Sonnen. Die Allgäuer entwickeln intelligente Batterien, in denen Kunden ihre aus Sonne, Wind oder Biomasse gewonnene Energie speichern können. Um Schwankungen bei Angebot und Nachfrage besser ausgleichen zu können, bilden die Sonnen-Batterien ein eigenes Netz. Je nach Bedarf sich die verbundenen Privathaushalte also gegenseitig mit Strom. Der Einstieg des ehemaligen Tesla-Deutschland-Chefs Philipp Schröder brachte 2015 Silicon-Valley-Glamour ins Allgäu. Anfang Dezember nahm Sonnen das größte virtuelle Kraftwerk Deutschlands in Betrieb. Bereits im Mai 2018 stieg Shell groß bei den Allgäuern ein. Gemeinsam mit anderen Investoren pumpten die Briten rund 60 Millionen Euro in das Wildpoldsrieder Unternehmen.
Eigentlich ist Shell bekannt für sein Öl- und Erdgasgeschäft. Dennoch bezeichnet Sonnen-Geschäftsführer Christopher Ostermann den Konzern als „Wunschpartner“. Warum? Schon seit 2015 arbeitete Sonnen immer wieder mit Shell zusammen. 2016 gründete Shell den Geschäftsbereich New Energies. Auch die Briten erkannten, dass das Stromgeschäft der am schnellsten wachsende Bereich innerhalb des Energiesektors ist. Bis 2020 will der Mineralöl-Riese deshalb ein bis zwei Milliarden US-Dollar pro Jahr in den neuen Geschäftsbereich steversorgen cken. Viel Geld fließt in die Beteiligung an Start-ups. „Als Anbieter von Stromspeicherlösungen passt Sonnen hervorragend ins Portfolio“, sagt Cornelia Wolber, Sprecherin von Shell Deutschland, auf Anfrage unserer Zeitung.
Dass sein Unternehmen nun einem Konzern gehört, der einer der Global Player im Bereich fossiler Brennstoffe ist, stört Ostermann nicht. „Wir wollen saubere Energie allen zugänglich machen“, sagt er. Dafür müsse man pragmatisch sein. Man wolle mit Shell nicht deren Vergangenheit aufarbeiten, sondern gemeinsam die Zukunft bestreiten. „Es geht darum, dass wir heute Klimaprobleme lösen“, sagt er.
Und was bedeutet die Übernahme für die Beschäftigten? „Für die Kunden und die Mitarbeiter von Sonnen wird sich nach der Übernahme nichts ändern“, versichert ShellSprecherin Wolber. Auch nach der Übernahme wird die Zentrale von Sonnen in Wildpoldsried bleiben. Denn das Unternehmen ist eng mit dem Ort verwoben. Die 2600-Einwohner-Gemeinde ist in Sachen grüne Energie Vorreiterin. Der Ort erzeugt deutlich mehr regenerativen Strom, als er selbst verbraucht. Dabei setzt die Gemeinde auf Sonne, Wind und Biomasse. Ein bayerisches Dorf zeige der Welt, dass man sich mit erneuerbaren Energien autark versorgen kann. Das sei inspirierend, sagt Ostermann.
Acht Jahre nach seiner Gründung hat das Schnellboot aus dem Oberallgäu weltweit rund 600 Mitarbeiter, davon rund 300 in Wildpoldsried. 2017 meldete Sonnen einen Umsatz von 65 Millionen Euro. 2018 soll der nach Unternehmensangaben noch einmal um 30 bis 35 Prozent gestiegen sein. Geht es nach Ostermann, soll es auch in Zukunft so weitergehen. „Die Übernahme durch Shell ermöglicht uns das“, sagt er.