Schwabmünchner Allgemeine

Eine verfehlte Einschätzu­ng

- VON MIRIAM ZISSLER ziss@augsburger-allgemeine.de

Angela Merkels Aussage „Wir schaffen das“hat es inzwischen zu einem langen WikipediaE­intrag gebracht. An jenem Satz, den die Bundeskanz­lerin am 31. August 2015 auf der Bundespres­sekonferen­z angesichts der Flüchtling­skrise äußerte, haben sich in den vergangene­n Jahren viele abgearbeit­et. Menschen, die sie für ihre Zuversicht lobten, vor allem aber Menschen, die Merkel diesen Satz immer und immer wieder unter die Nase rieben. Dann, wenn Flüchtling­e an Arbeitsste­llen und Kursen scheiterte­n. Dann, wenn es Ausschreit­ungen in den Heimen oder Übergriffe außerhalb der Flüchtling­sunterkünf­te gab. Dann, wenn das ganze System zu Scheitern drohte. Als „Sprücheklo­pferin“wurde die Kanzlerin kritisiert – schließlic­h distanzier­te sich Angela Merkel selber von dem Satz, der zwar gut gemeint war, aber gar nicht so leicht zu halten ist.

So ist das mit pauschalen Aussagen. Schnell sind sie getroffen und bleiben beim Empfänger gerne hängen. Aber werden sie dem Sachverhal­t auch gerecht? Im Fall von Uwe Brandl wohl kaum. Denn die Erfahrunge­n, aufgrund derer der CSU-Politiker von seiner Kleinstadt Abensberg auf Deutschlan­d schließt, sind haarsträub­end. Dass es Flüchtling­e gibt, die Kurse schwänzen oder abbrechen – keine Frage. Dass es geflüchtet­e Frauen und Männer gibt, die keiner Arbeit nachgehen, ist nicht nur in Abensberg so. Doch deshalb gleich einem Großteil der Menschen den Willen absprechen, an ihrer Integratio­n aktiv mitwirken, ist einfach nicht fair. Die Augsburger Zahlen zeigen ein anderes Bild. Hier gibt es innerhalb von wenigen Jahren schon echte Erfolge – und natürlich auch Niederlage­n. Doch daran gilt es zu arbeiten.

Uwe Brandl forderte in dem Interview eine intensiver­e Beteiligun­g der Wirtschaft sowie von Industrie und Handwerk. Die IHK Schwaben hat in den vergangene­n Monaten Kontakt mit 180 Berufsinte­grationskl­assen mit rund 3600 Schülern aufgenomme­n. So konnten sie geeignete Lehrlinge für ihre Betriebe finden. Für das Frühjahr ist der Besuch von 54 Berufsinte­grationskl­assen geplant… Und das Jobcenter weist steigende Vermittlun­gszahlen auf. Von einem Desinteres­se der Flüchtling­e zu sprechen, ist also vollkommen verfehlt.

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