Waschen, schneiden, lernen – alles hinter Gittern
Handwerk Eine Lehre im Knast – und das freiwillig: Erstmals haben in der JVA Gablingen zwei Männer eine Ausbildung zum Friseur abgeschlossen
Gablingen Dieser Salon hat keinen Namen. Trotzdem hat er alles, was ein Friseur braucht: Rückwärtswaschbecken, Frisierplätze, Rollstühle, Spiegel, Trocknungsgeräte Scheren, Messer, Kämme und Bürsten. Nutzen können den Salon die Häftlinge der JVA Gablingen – wenn sie zum Beispiel das Handwerk erlernen wollen. Zwei Männer haben jetzt ihre zweijährige Prüfung abgeschlossen. Das ist eine Premiere in Bayerns modernstem Gefängnis: Es war die erste Abschlussprüfung überhaupt in der vierjährigen Geschichte der Haftanstalt. Der Obermeister der Friseurinnung Augsburg, Matteo Leggio, ist begeistert: „Die Gefangenen bekommen eine Perspektive. Wenn sie ihre Strafe verbüßt haben, dann können sie sich etwas aufbauen.“
Ausgebildet wurden beide Männer, die anonym bleiben wollen, von einer Friseurmeisterin und externen Berufsschullehrern. Eine Ausbildung mit Hindernissen: Die Lehrlinge hatten zum Beispiel kein persönliches Handwerkszeug. Schere, Messer, Kämme und Bürsten wurden für praktische Übungen ausgeteilt und danach wieder eingesammelt. Eine weitere Schwierigkeit: Woher sollten in einem reinen Männergefängnis die weiblichen Frisurenmodelle kommen? Eine Lösung wurde gefunden: Damit die beiden Lehrlinge Damenhaarschnitte üben konnten, stellten sich Mitarbeiterinnen des Vollzugsdienstes freiwillig zur Verfügung. Neben den Friseuren werden in Gablingen auch Köche ausgebildet.
Angedacht ist, dass Häftlinge künftig noch weitere Berufe erlernen können: Maler und Lackierer sowie Kfz-Mechatroniker. Sie erhalten bis zur Zwischenprüfung einen Stundenlohn von 1,68 Euro. Nach erfolgreichem Abschluss wird der Gefangene in die Vergütungsstufe IV eingruppiert – 1,88 Euro. Bei wem die Zeit bis zum Ende der Ausbildung nicht reicht, der kann auch sogenannte Teilqualifizierungen erwerben. Sie sind von einem externen Bildungsträger zertifiziert und werden bei einer Ausbildung in Freiheit später angerechnet. Im Kfz-Eigenbetrieb gibt es zum Beispiel das Zertifikat Wagenaufbereitung.
Wer will, kann auch einen Staplerschein machen. Alle Module umfassen einen theoretischen und einen praktischen Teil, und werden teilweise von externen Dozenten und von internen Pädagogen vermittelt. Sämtliche Angebote werden auf den Fluren am Schwarzen Brett ausgehängt. Dort hat nach Auskunft der Anstaltsleitung jeder Gefangene die Möglichkeit, sich zu bewerben. Letztendlich entscheide dann die JVA, ob der Gefangene die nötige Eignung mitbringt und für eine Ausbildung zugelassen wird.
Eine Pflicht zur Ausbildung gibt es übrigens nicht. Anders ist es mit der Arbeit: Jeder Strafgefangene muss arbeiten. Jedem wird eine Beschäftigung zugewiesen, die seinen persönlichen Fähigkeiten angemessen ist. In aller Regel werde Arbeit als Privileg verstanden – als eine willkommene Abwechslung zum Gefängnis-alltag, so die Gablinger Anstaltsleitung. Ein weiterer Vorteil: Durch die Arbeit kann sich jeder Häftling etwas dazuverdienen, um zusätzlich Nahrungs- und Genussmittel einzukaufen.
In der JVA Gablingen gibt es folgende Eigenbetriebe:
● Küche
● Friseur
● Kfz-Abteilung
● Malerei
● Gebäudereinigung
● Wartung (Gas-Wasser-Installation, Elektro)
● Arbeitstherapie
Dazu kommt noch die Arbeit, die externe Unternehmen hinter die Gefängnismauern bringen: Sie lassen aktuell von Häftlingen zum Beispiel Spielzeuge oder Gartenwerkzeuge montieren. Er werden auch Kaffeevollautomaten zusammengesetzt und Gartenzäune gefertigt. Es gibt auch Etikettier-, Sortier- und Verpackungsarbeiten.
Die Arbeitseinnahmen im bayerischen Justizvollzug durch die sogenannte verlängerte Werkbank, als externe Unternehmen, die im Gefängnis arbeiten lassen, betrugen 2018 knapp 40 Millionen Euro. Sie fließen in den allgemeinen Staatshaushalt. Nach Auskunft des Justizministeriums stehen den Einnahmen Gesamtausgaben für den bayerischen Justizvollzug in Höhe von etwa 436 Millionen Euro gegenüber.