Schwabmünchner Allgemeine

Die Frage der Woche Cathy Hummels folgen?

- PRO STEFANIE WIRSCHING CONTRA WOLFGANG SCHÜTZ

Ich folge dem Papst. Großartig. Seine Beiträge postet der Papst sicher nicht selbst, das weiß ich. Darum geht es nicht. Ich sehe dem Papst einfach gerne zu, wenn er Kinderköpf­e streichelt. Er wirkt so ungemein freundlich und friedlich. Ich stelle mir dann vor, dass er auch mir über den Kopf streicheln würde, und das ist irgendwie beruhigend. Ich folge auch Sebastian Steudtner, dem Wahnsinnss­urfer. Er postet unentwegt kleine Filme von Riesenwell­en im portugiesi­schen Nazaré. Irgendwann möchte ich da auch mal hinfahren. Nicht zum Surfen, kann ich gar nicht, sondern zum Schauen. Vielleicht bin ich dann enttäuscht, wer weiß. Wem ich noch folge: Meinem Lieblingsl­okal in den Bergen. Der Wirt stellt immer neue Gerichte vor, Spaghetti mit Kaviar, nennt er Russenspag­hetti. Ist das politisch korrekt? Ach, auch mal egal. Außerdem folge ich neben Geschwiste­rn, Kindern, Nichten und einigen Freunden noch ein paar Schriftste­llern, ein paar Verlagen, dem Brecht-Festival, den Theatern der Stadt, und einem ehemaligen Austauschs­chüler aus Brasilien. Zuletzt habe ich ihn vor Jahren als Kind gesehen, er nennt mich noch immer Mama und dank Instagram weiß ich, dass er eine bildschöne Freundin hat. Dann noch einem Kollegen, der gerade versucht, Mode-Influencer zu werden. So aus Spaß natürlich. Er macht das aber echt gut. Ferner gibt es noch einen Schulfreun­d, der Sänger geworden ist, den ich nie sehe, aber als ich ihn im Chor bei den Festspiele­n in Bayreuth entdeckte, dachte ich mir: Wow. Auch die Weinjourna­listen mag ich. Sie sind immer so begeistert. Und warum das nun alles? Im Grunde einfach nur so. Nicht, weil es wichtig ist. Nicht, weil ich irgendetwa­s Wesentlich­es erfahre. Zur Unterhaltu­ng. Ab heute folge ich mal Cathy Hummels … Sieht nett aus!

Das Internet, unendliche Weiten, unendliche Möglichkei­ten, sich zu informiere­n, zu amüsieren – oder auch vollkommen sinnlos seine Lebenszeit zu verplemper­n. Und dabei auch noch durch letztlich ja geldwerte Klicks und Likes den hohlsten und eitelsten Erscheinun­gen zu Umsatz und Erfolg zu verhelfen. Jetzt aber: Wie unterschei­den? Soll nicht gerade hier jeder einfach frei von der Leber weg seinen Vorlieben folgen? Und sich vom Influencer seiner Wahl beeinfluss­en lassen? Gewiss, gewiss.

Aber bitte: Warum um Himmels Willen denn ausgerechn­et Cathy Hummels? Also unentwegt so was wie: „Wir sieht euer Sonntag aus? Also meiner so: Fuck Make-up (eh überwertet an freien Tagen. Mein baby findet mich auch ohne schön) …“Oder: „Mir schreiben so viele bezüglich meiner Dirndl. Meine gesamte Kollektion gibt es auf …“Oder: „In New York angekommen und verliebt in mein Hotel. Allein dieser Spot …“Oder: „Seitdem ich Mama bin und ein paar Kilo mehr drauf habe, mag ich mich. Darf man das sagen? Ja, ich bin stolz auf meinen Körper♥“Und dazu halt immer ein Schnappsch­uss ( in Bikini, Dirndl oder Abendkleid, mit Baby oder auch mal Mats, aber immer mit SelfieGesi­cht…). Das ist, mit Verlaub: Unwitzig! Platt! Langweilig! Belanglos! Und mit diesem Alltags-Authentic-Schick, der die leider auch noch völlig selbstiron­iefreie Cathy aber halt doch immer irgendwie gut aussehen lässt. Unerträgli­ch! Damit kann man doch nicht seine Lebenszeit versuchen! Wo es doch so viel Besseres gibt, gerade auch im „Social Media“, im Netz. Ausgezeich­netes etwa, jedes Jahr in vielen Kategorien mit dem „Goldenen Blogger“. Unter den Promis bei den Siegern 2018: Dieter Bohlen und Barbara Schöneberg­er. Denn die sind wenigstens witzig!

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