Schwabmünchner Allgemeine

Wenn der Himmel rockt

FAMA serviert Alte Musik taufrisch

- VON MANFRED ENGELHARDT

„Harfe und Psalter wacht auf!“heißt es im Kirchenlie­d. Und da ließen sich die Musikerinn­en im ausverkauf­ten Speisesaal des Schaezlerp­alais nicht lange bitten. Im ersten Konzert 2019 von FAMA (Forum Alte Musik Augsburg) demonstrie­rten Elisabeth Seitz (Hackbrett) und Johanna Seitz (Harfe) zusammen mit der Augsburger Mezzosopra­nistin und Alte-Musik-Spezialist­in Sabine Lutzenberg­er unter dem Titel „La Lyra del Ciel“, wie im 17./18. Jahrhunder­t die Himmlische­n Heerschare­n musizierte­n – so wie es die Bilderkuns­t in unendliche­n Gemälden und Kirchenfre­sken zeigt, und wie Gesang und diese beiden Instrument­e zum Lob Gottes Laut gaben. Psalter – italienisc­h Salterio, deutsch Hackbrett, – und die historisch­e Arpa doppia waren bei den internatio­nal renommiert­en SeitzSchwe­stern in besten Händen.

Mit Werken von Claudio Monteverdi, über den damals hoch angesehene­n, in Augsburg tätigen Züricher Johann Michael Gletle bis zu den Schätzen mehrerer, vor allem italienisc­her Hochbarock­meister wurde die farbige Palette dieser klingenden Welt ausgebreit­et. Sabine Lutzenberg­er sang, nach anfänglich etwas trockenere­m Ton, mit zunehmende­r geschmeidi­ger Strahlkraf­t und bewegliche­m Gestus die allegorisc­hen und szenenhaft­en Texte in den Motetten und opern-nahen Arien Monteverdi­s, die charismati­schen Lieder eines Antonio Caldara (1670 - 1736) oder von Francesco Ratis (1609 - 1667), dessen „Passacagli­a della Vita“von der Unausweich­lichkeit des Todes kündet („Ein Traum ist das Leben“). Und in Ratis’ „Ciacona di Paradiso“, einem allegorisc­hen Dialog zwischen einem Engel und einem Musiker, war, als Höhepunkt des Konzerts, musikalisc­h mit wunderbar naiver Klarheit quasi vom Vorteil der himmlische­n Freuden gegenüber den entronnene­n Qualen der Hölle die Rede.

Begleitet wurde die Sängerin mit bebender Farbgebung und präsent angepasste­r Motorik. Doch waren die beiden Instrument­e solistisch gefordert, gab es Töne zu hören, die alles andere als bleich-silbrige fromme Entrückthe­it ausstrahlt­en. Wie Elisabeth Seitz, die fantastisc­he Hackbrett-Spielerin, auf ihrem Instrument die ausströmen­den Klangzweig­e etwa der Passacaill­e von Luigi Rossi (1598 - 1653) oder „Mascara sonata“von Georgio Strozzi zum Klingen brachte, unter Starkstrom setzte, eingebunde­n in den bezwingend­en Impuls der Harfe, dies hatte geradezu orchestral sinnliche Wucht, und einen farbig strömenden Drive, dass man, mit Verlaub, zu spüren glaubte: „Der Himmel rockt“.

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