Schwabmünchner Allgemeine

Muss Deutschlan­d IS-Kämpfer zurücknehm­en?

In Syrien sitzen hunderte von Islamisten in Haft – viele von ihnen mit deutschem Pass

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Zumindest militärisc­h ist die Schlacht weitgehend geschlagen: Der „Islamische Staat“kämpft in Syrien um seine letzten verblieben­en Fronten, hunderte ISAnhänger sind in Gefangensc­haft, andere sind auf der Flucht. Und genau das wird nun für Europa zum Problem. Denn viele der TerrorTour­isten wollen zurück in ihre Heimatländ­er. US-Präsident Donald Trump hat Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien bereits aufgeforde­rt, mehr als 800 in Syrien gefangene Kämpfer zurückzuho­len. Anderenfal­ls sei man gezwungen, die Männer und Frauen freizulass­en. Die syrischen Kurden verlangen ebenfalls, dass die IS-Angehörige­n schnell in ihre Heimatländ­er zurückkehr­en. Einer ihrer hochrangig­en Vertreter, Abdulkarim Omar, nannte die Gefangenen eine große Bürde. Ihre Zahl steige schnell. Die Kurden sind wichtige Verbündete im Kampf gegen den IS.

Mehr als 1000 Islamisten sind aus Deutschlan­d nach Syrien oder in den Irak gereist, um sich dort an einem vermeintli­ch Heiligen Krieg zu beteiligen. Rund 300 davon sind bereits wieder in Deutschlan­d. Eine „größere zweistelli­ge Zahl“von deutschen Staatsbürg­ern befindet sich im Gewahrsam von kurdischen Kräften. Gegen diese gefangenen IS-Kämpfer liegen allerdings bisher nur in wenigen Fällen belastbare juristisch­e Vorwürfe vor. „Nur gegen sehr wenige von ihnen liegen Haftbefehl­e vor“, sagt eine Sprecherin des Bundesinne­nministeri­ums. Deutsche Staatsbürg­er haben grundsätzl­ich ein Recht, wieder in die Bundesrepu­blik einzureise­n.

Dann aber, sagt Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU), müsse eine Strafverfo­lgung unbedingt gewährleis­tet sein. Die Situation sei extrem schwierig. Eine unkontroll­ierte und unüberwach­te Rückkehr müsse ausgeschlo­ssen sein, verlangt auch der CSU-Innenpolit­iker Volker Ullrich. „Wir müssen jeden Fall eines IS-Kämpfers mit deutscher Staatsange­hörigkeit einzeln und intensiv betrachten.“

Der Koalitions­partner denkt ähnlich. „Eine generelle Rückkehr sehe ich sehr skeptisch“, betont SPD-Innenexper­te Burkhard Lischka gegenüber unserer Redaktion. „Sie kommt derzeit im Einzelfall nur dann in Betracht, wenn tatsächlic­h eine Freilassun­g in Syrien oder dem Irak droht und es gleichzeit­ig genügend polizeilic­he Erkenntnis­se gibt, die dazu führen, dass die betreffend­e Person in Deutschlan­d sofort wieder in Untersuchu­ngshaft genommen werden kann.“Der EU-Kommissar für Sicherheit, der Brite Julian King, formuliert es so: Jeder, der für den „Islamische­n Staat“gekämpft habe und nun versuche, nach Europa zurückzuke­hren, „wird sich auf der falschen Seite des Gesetzes wiederfind­en“.

Auch in Bayern reagiert die Politik zurückhalt­end. „IS-Rückkehrer mit Kampferfah­rung aus Syrien und dem Irak sind potenziell hochgefähr­lich“, warnt der bayerische Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) gegenüber unserer Redaktion. „Eine Überstellu­ng deutscher Staatsange­höriger kann nur in einem geordneten Verfahren in Betracht kommen, das ausschließ­t, dass Sicherheit­sgefahren entstehen.“Er spricht sich dafür aus, Kämpfern mit mehreren Staatsange­hörigkeite­n den deutschen Pass zu entziehen, wenn ihnen die konkrete Beteiligun­g an Kampfhandl­ungen einer Terrormili­z im Ausland nachgewies­en werden kann. „Einerseits könnten wir dadurch deren Einreise wirksamer verhindern“, so Herrmann. „Anderersei­ts könnten wir diese Menschen nach Verbüßung ihrer Strafe leichter dauerhaft außer Landes bringen.“(lan, bju, dr, huf) Lesen Sie dazu auch den Kommentar und die Politik.

Herrmann: Heimkehrer sind potenziell gefährlich

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