Wisch und weg
Die CDU-Chefin feudelt alle Bedenken vom Tisch und schlüpft in ihre Lieblingsrolle
nur 31 Prozent liegt? Wäre sie für paritätische Quoten? Eine Antwort auf diese Fragen kann niemand geben. Doch es ist spürbar, dass die Akzeptanz, für die lange von vielen Frauen abgelehnten Quoten, wächst. Ohne geht es nicht voran – diesen Satz hört man immer öfter.
Marie Juchacz gehörte bis 1933 dem Reichstag an. Vor den Nazis floh sie ins Ausland. Mindestens genauso bekannt wie für ihre Rede in Weimar ist sie als Gründerin der Arbeiterwohlfahrt. Die AWO konstituierte sich im Dezember 1919. Im Jahr 1949 kam Juchacz aus dem Exil in den USA zurück nach Deutschland und half beim Wiederaufbau des Sozialverbandes. 1956 starb sie mit 76 Jahren in Düsseldorf. Was für ein Karrieresprung: Putzfrau Gretl wischt jetzt nicht mehr im Saarbrücker Landtag, sondern oben in Berlin. Soll ja alles ein bisschen eingestaubt sein in der CDU-Zentrale. Ein Fall für die Frau in der karierten Kittelschürze, die eine ganze Partei wieder auf Hochglanz polieren soll. Seit zehn Jahren schlüpft Annegret Kramp-Karrenbauer nun schon in diese Fastnachtsrolle und lästert in breitem Dialekt über die Großkopferten der Politik. Nur dieses Mal fragten sich viele: Geht das jetzt noch? Kann sich eine angehende Kanzlerkandidatin für solch einen Klamauk hergeben? Und überhaupt: Wo bleibt denn da die Seriosität? Doch „es Annegret“feudelt alle Bedenken vom Tisch.
Ein bisschen fremdelt die Gretl schon noch mit ihrem neuen Job in der Hauptstadt. „So ein Schlamassel. Ich weiß gar nicht, wie ich da reingerutscht bin“, erzählt sie – und haut dann ordentlich auf den Putz. Die Bundesregierung würde im Prinzip schon was schaffen wollen. Dumm nur, dass die Deutsche Umwelthilfe das verboten hat. Könnte schließlich zu viel Staub aufgewirbelt werden und das will ja auch keiner. Ein paar saubere Schmutzeleien über die Alfamännchen in der
Union gehören auch zum rhetorischen Großreinemachen. Und ein bisschen kehrt die Gretl auch vor der eigenen Türe. „Viel geschwätzt und nichts beschlossen“, lautet ihr Fazit zur Arbeit der Großen Koalition. Nicht gerade glänzend also.
Anders als Markus Söder, der sich extravagante Kostümierungen verkneift – jetzt da er es endlich zum Ministerpräsidenten gebracht hat –, scheint die CDU-Chefin kein Problem damit zu haben, sich selbst zum Narren zu machen. Und ganz ehrlich: Im Putzfrauen-Fummel kann man endlich mal ungehemmt über die ganzen Wichtigtuer da oben in Berlin herziehen, die nicht mal richtig saarländisch schwätzen. Und wenn dann einer beleidigt ist? Wenn einer keinen Spaß versteht? Dann lässt sich die Sache ganz leicht bereinigen. Denn: Was kann denn die Annegret dafür, was die Gretl da wieder gesagt hat? Wisch und weg.