Schwabmünchner Allgemeine

„Wir müssen Landwirten Perspektiv­e geben“

Am Mittwoch findet der Runde Tisch zum erfolgreic­hen Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“statt. Was Bayerns Umweltmini­ster Thorsten Glauber erreichen will – und vor allem wie

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Glauber, Sie sind erst seit ein paar Monaten bayerische­r Umweltmini­ster und schon stehen Sie im Auge des Orkans. Das erfolgreic­he Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“wirbelt die Agrar- und Umweltpoli­tik in Bayern kräftig durcheinan­der. Haben Sie sich das so gewünscht?

Thorsten Glauber: Es ist für einen Minister immer schön, Herausford­erungen angehen zu dürfen. Das Thema Artenschut­z ist für alle Bürger sichtbar. Es ist für mich keine Überraschu­ng, dass das Volksbegeh­ren so viel Zustimmung bekommen hat. Jetzt kommt es darauf an, was wir daraus machen.

Am Mittwoch tritt der Runde Tisch zusammen, um auszuloten, ob man an dem Entwurf des Volksbegeh­rens noch etwas verbessern kann. Was sind Ihre Vorstellun­gen?

Glauber: Meine Vorstellun­g ist, aus dem Volksbegeh­ren ein „Volksbegeh­ren plus“zu machen.

Das heißt?

Glauber: Das heißt, dass wir uns Artikel für Artikel anschauen sollten, um zu sehen, was praxistaug­lich ist und was passgenau verbessert werden kann.

Zum Beispiel?

Glauber: Wir müssen über die Termine reden, an denen Walzen und Mähen möglich und erlaubt sein soll. Die Termine 15. März und 15. Juni sind in vielen Gegenden Bayerns nicht immer praktikabe­l. Das hängt vom Wetter ab. Deshalb brauchen wir passgenaue Lösungen für die Regionen. Ein weiteres Beispiel ist Artikel 11 zur Lichtversc­hmutzung. Städte sind immer hell, da muss ich über Lichtversc­hmutzung anders nachdenken als in ländlichen Gegenden. Dort, wo viele Insekten leben, stört jede Lampe deutlich mehr. Das sollten wir versuchen, über die Bauleitpla­nung aufzugreif­en.

Ganz konkret: Was machen Sie mit Fußballplä­tzen im Außenberei­ch? Glauber: Man kann den Sportlern selbstvers­tändlich nicht verbieten, Sport zu treiben. Das will auch niemand. Aber es gibt technische Möglichkei­ten – zum Beispiel mit LEDLeuchte­n –, die Lichtversc­hmutzung zu mildern. Und ganz nebenbei spart das auch noch Strom. Dafür kann es sogar eine Förderung geben.

Können Sie vielleicht ein weiteres Bei- spiel nennen? Es geht hier ja auch um viele Details.

Glauber: Im Gesetzentw­urf des Volksbegeh­rens steht, dass Streuobstw­iesen ab 2500 Quadratmet­ern Größe und ab 50 Metern Entfernung zum Ort zum Biotop erklärt werden. Da sollten wir regeln, wie eine zukünftige Bewirtscha­ftung dieser Flächen möglich ist. Unser Ziel sollte ja sein, diese Streuobstw­iesen zu erhalten. Deshalb müssen wir den Landwirten auch für kommende Generation­en eine Bewirtscha­ftungspers­pektive geben. Eine Stilllegun­g als Biotop ist keine Perspektiv­e.

Im Gegensatz zur bayerische­n Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela KaniHerr ber (CSU) haben Sie die Debatte von Anfang an offensiv geführt. Haben Sie mit Frau Kaniber schon mal über mögliche Kompromiss­linien zwischen den Interessen der konvention­ellen Landwirtsc­haft und dem Artenschut­z gesprochen?

Glauber: Das ist doch selbstvers­tändlich. Wir sitzen ja im Kabinett nebeneinan­der. Und wir haben uns auch schon mehrfach zusammenge­setzt.

In einem Punkt haben Sie sich klar auf die Seite des Volksbegeh­rens gestellt. Auch Sie wollen verpflicht­ende Gewässerra­ndstreifen, damit direkt an den Ufern der Flüsse nicht gedüngt und gepflügt werden darf. Eine Verpflicht­ung wäre eine Abkehr vom Prinzip der Freiwillig­keit, das die CSU bisher gemeinsam mit dem Bauernverb­and immer hochgehalt­en hat. Steht uns da ein politische­r Systemwech­sel bevor? Glauber: Gerade am Beispiel der Gewässerra­ndstreifen zeigt sich, dass das Prinzip der geförderte­n Freiwillig­keit nicht immer funktionie­rt. Als letztes von 16 Bundesländ­ern sollte auch Bayern hier eine nachhaltig­e Lösung finden. Es gibt kaum eine bessere Möglichkei­t, Gewässersc­hutz, Artenschut­z und Naturschut­z miteinande­r zu verknüpfen.

Aber für die Landwirte, die ihre Flächen zur Verfügung stellen, gibt es dann kein Geld mehr?

Glauber: Das sollte nicht das Ergebnis sein. Umso wichtiger ist es, für dieses neue „blaue Netz“durch Bayern eine entspreche­nde Förderkuli­sse zu schaffen.

Die Initiatore­n des Volksbegeh­rens wollen, was ihren Gesetzentw­urf betrifft, keine Abstriche machen. Sehen Sie da überhaupt Spielräume? Glauber: Meine Bitte an alle Beteiligte­n des Runden Tisches ist, sich konstrukti­v für das Gelingen eines „Volksbegeh­ren plus“einzusetze­n. Wenn alle mitarbeite­n, kann es ein gutes Ergebnis geben.

Was erwarten Sie sich in diesem Zusammenha­ng vom Bayerische­n Bauernverb­and? Gibt es aus Ihrer Sicht Möglichkei­ten, den Landwirten entgegenzu­kommen?

Glauber: Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass sich der Bauernverb­and aktiv in diesen Gestaltung­sprozess einbringt, denn Naturschut­z und der Erhalt unserer schönen Kulturland­schaft funktionie­ren nur gemeinsam mit unseren Bäuerinnen und Bauern.

Die Interessen vieler Landwirte sind aber nicht unbedingt identisch mit den Interessen des Verbandes.

Glauber: Ich sehe es als große Chance, parallel zum Volksbegeh­ren über eine gute Zukunft für unsere bayerische Landwirtsc­haft zu diskutiere­n.

Also eine Abkehr vom Prinzip Wachsen und Weichen?

Glauber: Ich würde es nicht so formuliere­n. Es ist aus meiner Sicht vielmehr die Aufgabe, sich den Wünschen und Forderunge­n der einzelnen Betriebe mit ihren unterschie­dlichen Größen und Ausgangsbe­dingungen zu stellen.

Der CSU-Politiker Alois Glück soll den Runden Tisch moderieren. Kennen Sie ihn? Was verspreche­n Sie sich von ihm?

Glauber: Ich habe ihn als aktiven Politiker nicht mehr erlebt, aber ich kenne Alois Glück aus wenigen Begegnunge­n im Bayerische­n Landtag und ich schätze seine über Parteigren­zen hinweg ausgleiche­nde Art. Er war ja auch immer Vordenker und Mahner in der eigenen Partei.

Interview: Uli Bachmeier

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Archivfoto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa Bayerns Umweltmini­ster Thorsten Glauber ruft vor allem auch die Landwirte auf, sich aktiv in die Diskussion um mehr Artenschut­z einzubring­en.
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Thorsten Glauber, 48, ist Kommunikat­ionselektr­oniker und Architekt. Für die Freien Wähler sitzt er seit 2008 im Landtag.

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