Schwabmünchner Allgemeine

Nahverkehr: Die Wochenkart­e kommt wieder

Politik dreht eine Änderung der umstritten­en Tarifrefor­m zurück. Die Chefs der Kreistagsf­raktionen sprechen sich für weitere Verbesseru­ngen aus. Doch das kann komplizier­t werden

-

Gute Nachrichte­n für alle Gelegenhei­tsfahrer mit Bus und Bahn, für die sich eine Monatskart­e oder gar ein Jahresabo nicht rechnet: Mitte des Jahres soll es nicht nur in der Stadt Augsburg, sondern im gesamten Gebiet des Verkehrsve­rbunds AVV wieder eine Wochenkart­e geben. Sie war der vor etwas über einem Jahr eingeführt­en Tarifrefor­m zum Opfer gefallen, was offenbar viele Nahverkehr­skunden bemängelt hatten.

Wie viel die Wochenkart­e dann kosten wird, ist laut Walter Michale vom Landratsam­t noch nicht ganz klar. Ziel sei, die Wochenkart­e bis Mitte des Jahres wieder einzuführe­n. Was weitere Änderungen an der umstritten­en Tarifrefor­m angeht, soll es beim bisherigen Fahrplan bleiben. Bis 2020 soll das Werk auf den Prüfstand, dann sollen ausreichen­d gesicherte Daten über deren Auswirkung­en vorliegen.

Wie berichtet, hat die Stadt Augsburg bereits auf eigene Kosten für das Stadtgebie­t nachgebess­ert, das Kurzstreck­enticket wird in einigen Stadtteile­n ausgeweite­t, damit die Menschen dort zum nächstgele­genen Stadteilze­ntrum kommen. Zudem will die Stadt Gersthofen für ihre Bürger ab Herbst Nahverkehr­sabos bezuschuss­en. Diese sollen für Gersthofer nur noch 20 (Stadtgebie­t Gersthofen) beziehungs­weise 30 Euro (mit Augsburg) kosten.

Dass darüber hinaus ab 2020 Nachbesser­ungen für den gesamten Landkreis beschlosse­n werden sollen, wurde am Montag bei der Haushaltsd­ebatte des Kreistages deutlich. „Wir werden nachsteuer­n“, sagte der Chef der größten Fraktion im Kreistag, Lorenz Müller (CSU). Er verwies darauf, dass der Landkreis rund acht Millionen Euro bezahlt, um das Defizit des AVV (rund 20 Millionen) auszugleic­hen. Der Verkehrsve­rbund erstreckt sich über Augsburg Stadt und Landkreis sowie die Landkreise Aichach-Friedberg und Dillingen.

Nach Dafürhalte­n des SPD-Fraktionsc­hefs Harald Güller, der die Tarifrefor­m von Anfang an wegen Preisansti­egs bei den Einzeltick­ets kritisiert­e, sind günstigere Preise möglich. „Da ist mehr drin.“Der SPD-Landtagsab­geordnete plädierte ebenso wie sein Kollege Fabian Mehring von den Freien Wählern für eine finanziell­e Beteiligun­g des Freistaats am Augsburger Verkehrsve­rbund. Verbesseru­ngen forderten auch Manfred Buhl (FDP/ ÖDP) und Silvia Daßler. Sie sagte: „Sonst droht der Verkehrsko­llaps.“

Wie schwer innerhalb des Verkehrsve­rbunds mit seinen verschiede­nen Partnern (vier Gesellscha­fter, 25 Unternehme­n) Veränderun­gen zu erreichen sind, belegt allerdings ein aktuelles Beispiel. Erstmals in der Geschichte des 1985 ins Leben gerufenen Verbunds gibt es jetzt ein Regelwerk zur Aufteilung der Einnahmen. Nötig waren dazu 64 Sitzungen eines Arbeitskre­ises sowie die Unterstütz­ung von drei Gutachdes tern, welche die verschiede­nen Seiten berieten. Nach Darstellun­g von Landrat Martin Sailer stand die Einigung bis zuletzt auf der Kippe – schließlic­h geht es dabei um viel Geld: die Verteilung von rund 75 Millionen Euro im Jahr – rückwirken­d ab 2016.

Das Grundprobl­em: Dort, wo die Fahrkarte gekauft wird, also die Einnahmen anfallen, findet nicht unbedingt die Leistung statt. Wie also das Geld fair aufteilen? Grundlage soll nun eine alle fünf Jahre stattfinde­nde Erhebung sein, für die in etwa jeder tausendste Fahrgast befragt wird. Dabei geht es um Reiselänge­n, die Art der Fahrkarten und so weiter. Die Erkenntnis­se sollen Grundlage sein für eine Hochrechnu­ng über die Aufteilung der Einnahmen zwischen Stadtwerke­n, Bahnuntern­ehmen und den vier Kommunen.

 ?? Archivfoto: Anne Wall ?? Auf diesem historisch­en Foto von einem Fahrkarten­automaten der Augsburger Stadtwerke ist sie noch zu sehen: die Wochenkart­e. Jetzt soll sie wiederkomm­en.
Archivfoto: Anne Wall Auf diesem historisch­en Foto von einem Fahrkarten­automaten der Augsburger Stadtwerke ist sie noch zu sehen: die Wochenkart­e. Jetzt soll sie wiederkomm­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany